INTENSIVTEST: KIA C'EED 1,0 TURBO GDI GT-LINE
Wie sparsam ist der Dreizylinder wirklich?
Wow, das sieht ja heftig aus. Der nächste GTI-Schreck?
Ruhig Blut, mein Lieber. Was wir hier sehen ist eine reizvolle Mogelpackung: die neue GT-Line. Unter dem Kleid werkt der neue Dreizylinder-Turbo-Benzinmotor mit einem Liter Hubraum und 120 PS.
Ist das nicht eine unverschämte Irreführung?
Auf jeden Fall nichts Neues. Audi hüpft das ja mit seiner S-Line schon seit Jahren erfolgreich vor. Und auch bei Mercedes kann man ja einen Brot-und-Butter-Diesel mit einer AMG-Line zum Sportler dressen. Finde ich übrigens persönlich nicht verwerflich. Warum kann man sich nicht am sportlichen Look freuen ohne dass man mit Plus-200-PS das Finanzamt füttert?
Zurück zum C’eed. Was kann der neue Motor?
Eine ganze Menge. Der Dreizylinder ist wirklich eine fantastische Konstruktion, läuft seidenweich, den Einsatz des Turbos merkt man kaum. Der Leistungsaufbau ist auch grandios, und für einen Liter Hubraum ist die Performance wirklich spektakulär. 11,1 Sekunden auf 100 und eine Höchstgeschwindigkeit von 190 Stundenkilometer treiben zwar keine Schweißtropfen auf die Stirn, sind aber ordentliche Werte, mit denen man schon Spaß haben kann.
Das klingt, als würde noch ein Haken nachgeworfen werden ...
Richtig, leider gibt es auch Schattenseiten: Bei Lastwechsel im höheren Drehzahlbereich – beim sportlichen Hochschalten zum Beispiel – geht’s kaum ohne zu ruckeln ab. Und die Verbrauchswerte sind leider viel zu hoch. Bei flotter Autobahnfahrten etwas über dem Erlaubten sind schon fast zehn Liter fällig. Bei braver Fahrerei sind wir nicht unter 8,6 Liter gekommen. Da liegt der Normverbrauch von 4,9 Liter weit entfernt und das Downsizing wird zur Mogelpackung. Es zahlt sich aus, über den 1,6 CRDi mit 136 PS nachzudenken. Ihn gibt’s auch in der GT-Line – und die 1100 Euro Aufpreis dürften sich nach rund 35.000 Kilometer amortisiert haben.
Wie fährt er sich sonst?
Sehr angenehm. Die Schaltung ist auch perfekt und die Dämmung ganz hervorragend. Beim flotteren Gaseinsatz knurrt der Dreizylinder mit seinem typischen Timbre, aber auf der Autobahn gibt sich der C’eed extrem zurückhaltend – wirklich gut gelungen. Dass das Fahrwerk in der GT-Line mit dem 17-Zoll-Alus eine Spur straffer ist, liegt in der Natur der Ausstattung. Von Bretthärte ist der Kia zum Glück immer noch weit entfernt.
Abgesehen vom Motor – was kann der C’eed?
Der Koreaner, der nicht weit von uns entfernt in der Slowakei gefertigt wird, ist ein echter Geheimtipp in der Kompaktklasse. Nach dem jüngst durchgezogenen Facelift ist er sogar nochmals hübscher geworden, nicht nur in der ohnehin geilen GT-Line. Auch im Innenraum ist alles appetitlich und funktional perfekt angeordnet, mit einer großen Portion Charme. Mir taugen beispielsweise die zweifarbigen Sitze oder das Lenkrad. Witziges Detail: Den Widerstand der Lenkung kann man mit einer Taste in drei Stufen regeln – eine Spielerei, die sinnvoll ist.
Und das Raumangebot?
Entspricht den Erwartungen in dieser Klasse. Der Kofferraum misst mit 380 Liter zu viel wie bei einem Golf, der Sitzkomfort im Fond ist reisetauglich. Da passt alles.
Was kostet das Testauto und wie ist das Preis-Leistungs-Verhältnis?
Unsere Version kostet ohne Extras 24.390 Euro. Davon entfallen 1500 Euro auf die speziellen Ausstattungen der GT-Line: Die sportlichen Stoßfänger mit den LED-Tagfahrleuchten im Photonenwerfer-Stil, die Seitenschweller, LED-Heckleuchten, sportliche Ziernähte im Innenraum, das GT-Lenkrad, den verchromte Doppelrohr-Auspuff, die 17-Zöller und das Sportfahrwerk. Auch sonst ist das Auto schon sehr üppig eingerichtet, der Preis geht also völlig in Ordnung. Und man darf auch nicht auf die 7-Jahres-Garantie vergessen, die nur Kia bietet.
Alsdann, dein Resümee?
Der C’eed ist ein ausgenommen hübsches, sympathisches und praktisches Auto. Mir taugt auch die GT-Line, die das Konzept krönt wie eine Ladung Chili auf der Tortilla. Schade, dass der neue Dreizylinder im Verbrauch nicht die Erwartungen erfüllt … in allen anderen Disziplinen wäre er ein feiner Bursche. So würde ich zwei Alternativen ins Auge fassen: Die vernünftige wäre der 1,6 CRDi mit der GT-Line. Die unvernünftige: der 204 PS starke „echte“ GT. Wäre eine kleine Sünde wert – nämlich 5500 Euro Aufpreis.