CHARLIE WHITING
Whiting: Tod in Melbourne
Die Formel 1 trauert um einen ihrer Wichtigsten und Besten: Sicherheits-Chef Charlie Whiting starb in Melbourne. Noch wenige Stunden davor hatte er die Strecke im Albert Park begangen und abgenommen. Er war nicht nur der Mann, der die Rennen startete.
14.03.2019Fotos: Red Bull Contentpool, Gerald Enzinger
Er war der Mann, der die Rennen gestartet hat.
Und der Mann, der sie beendete.
Damit kann man die Wichtigkeit von Charlie Whiting schon erahnen.
Nun ist er tot, gestorben wenige Stunden vor dem Saisonauftakt in Melbourne.
Und Stunden nachdem er seinen Job gemacht hatte, und die Strecke abgenommen hatte.
Mit 66, an einer Lungenembolie, in seinem Hotelzimmer.
Mittwoch, später nachmittag an der Rennstrecke im Albert Park in Melbourne. Da ich direkt von der Formel E in Hongkong komme, bin ich einen Tag früher als meist und einen Tag früher als die meisten schon auf der Piste in Melbourne. Ich nutze die Ruhe vor dem Sturm und die vielen offenen Türen und Tore dazu, noch einmal Teile der Boxen abzugehen, und auch raus auf die Start-Ziel-Gerade.
Mir begegnet Charlie Whiting (66), umgeben von seinen Mitarbeitern und jenen der Strecken-Verwaltung. Obwohl ich sonst fast alles fotografiere, würde ich nicht auf die Idee kommen, jetzt ein Bild zu machen. Viel zu vertraut und zu gewöhnlich ist sein Anblick, denn Charlie ist ja eh immer da. Auch wenn seine öffentliche Bekanntheit nicht so vergleichbar ist mit jener von Niki Lauda und Bernie Ecclestone, würde ich ihn in Sachen Fahrerlager-Präsenz in meinen ersten knapp 20 Jahren hier in der Formel 1 in einer Reihe mit diesen beiden sehen.
Nun fehlen sie alle drei: Niki krank, Bernie entmachtet - und Charlie plötzlich tot.
Um vier Uhr in der Früh hier in Melbourne und in seinem Hotelzimmer dürfte er am Donnerstag morgen einer Lungenembolie erlegen sein. An dem Morgen, an dem die Formel-1-Saison so richtig beginnen sollte.
Und wo er, wie immer seit 1997, fast alles gewesen wäre: der Technische Chef, der Sicherheitschef, der Starter und der Mann, der die Rennen beendet.
Er kannte alle Regeln im Detail, das heißt: bis in kleinste Detail.
Technisch wie juristisch. Vormachen konnte ihm keiner was. Und, vielleicht seine beeindruckendste Eigenschaft: Wenn es Probleme gab und gestritten wurde und sich die Welt da draussen auf Twitter oder Facebook in ein Empörium verwandelte und es alle besser wussten, dann kam er in das Mediacenter und gab eine Pressekonferenz. Er stellte sich den Fragen der Reporter und gab ruhig Antwort.
Wieso und warum er was entschieden hatte.
Charlie hatte einen Job, in dem man sich nur Feinde macht und hatte am Ende und nach 22 Jahren doch fast nur Freunde und das sagt viel über den Menschen aus, und über den Macher.
Sebastian Vettel beschimpfte ihn am Funk, und auch andere fluchten - doch wenn das Rennen vorbei war, akzeptierten sie sein Wort und waren, wie etwa Vettel, fast so was wie Freunde. So groß war die Akzeptanz vor seinen Entscheidungen.
Vielleicht auch weil er für viele hier einer von ihnen war. Er hatte längst seinen eigenen Weltmeistertitel erobert, in seinem "ersten Leben", als er selbst in den Teams schraubte. 1981 und 1983 tat er das als Chefemechaniker von Brabham so gut, dass er Nelson Piquet bei Brabham zum Weltmeister machte, und damit auch Team-Eigner Bernie Ecclestone.
Der wurde sein größter Förderer, und doch machte sich Whiting nie abhängig von ihm. Wenn man bedenkt, wie intensiv die Machtkämpfe zwischen dem Ecclestone-Lager und der FIA über Jahrzehnte waren, wird einem erst bewusst, wie gut Whiting gewesen sein muss, genau in jener Zeit, bei der FIA unersetzbar geworden zu sein.
Die Formel 1 trauert an dem Morgen, an dem die Saison so richtig beginnen sollte, nicht um ihren Reichsten, und nicht um ihren Prominentesten. Wahrscheinlich aber um ihren Wichtigsten.
Und der Mann, der sie beendete.
Damit kann man die Wichtigkeit von Charlie Whiting schon erahnen.
Nun ist er tot, gestorben wenige Stunden vor dem Saisonauftakt in Melbourne.
Und Stunden nachdem er seinen Job gemacht hatte, und die Strecke abgenommen hatte.
Mit 66, an einer Lungenembolie, in seinem Hotelzimmer.
Mittwoch, später nachmittag an der Rennstrecke im Albert Park in Melbourne. Da ich direkt von der Formel E in Hongkong komme, bin ich einen Tag früher als meist und einen Tag früher als die meisten schon auf der Piste in Melbourne. Ich nutze die Ruhe vor dem Sturm und die vielen offenen Türen und Tore dazu, noch einmal Teile der Boxen abzugehen, und auch raus auf die Start-Ziel-Gerade.
Mir begegnet Charlie Whiting (66), umgeben von seinen Mitarbeitern und jenen der Strecken-Verwaltung. Obwohl ich sonst fast alles fotografiere, würde ich nicht auf die Idee kommen, jetzt ein Bild zu machen. Viel zu vertraut und zu gewöhnlich ist sein Anblick, denn Charlie ist ja eh immer da. Auch wenn seine öffentliche Bekanntheit nicht so vergleichbar ist mit jener von Niki Lauda und Bernie Ecclestone, würde ich ihn in Sachen Fahrerlager-Präsenz in meinen ersten knapp 20 Jahren hier in der Formel 1 in einer Reihe mit diesen beiden sehen.
Nun fehlen sie alle drei: Niki krank, Bernie entmachtet - und Charlie plötzlich tot.
Um vier Uhr in der Früh hier in Melbourne und in seinem Hotelzimmer dürfte er am Donnerstag morgen einer Lungenembolie erlegen sein. An dem Morgen, an dem die Formel-1-Saison so richtig beginnen sollte.
Und wo er, wie immer seit 1997, fast alles gewesen wäre: der Technische Chef, der Sicherheitschef, der Starter und der Mann, der die Rennen beendet.
Er kannte alle Regeln im Detail, das heißt: bis in kleinste Detail.
Technisch wie juristisch. Vormachen konnte ihm keiner was. Und, vielleicht seine beeindruckendste Eigenschaft: Wenn es Probleme gab und gestritten wurde und sich die Welt da draussen auf Twitter oder Facebook in ein Empörium verwandelte und es alle besser wussten, dann kam er in das Mediacenter und gab eine Pressekonferenz. Er stellte sich den Fragen der Reporter und gab ruhig Antwort.
Wieso und warum er was entschieden hatte.
Charlie hatte einen Job, in dem man sich nur Feinde macht und hatte am Ende und nach 22 Jahren doch fast nur Freunde und das sagt viel über den Menschen aus, und über den Macher.
Sebastian Vettel beschimpfte ihn am Funk, und auch andere fluchten - doch wenn das Rennen vorbei war, akzeptierten sie sein Wort und waren, wie etwa Vettel, fast so was wie Freunde. So groß war die Akzeptanz vor seinen Entscheidungen.
Vielleicht auch weil er für viele hier einer von ihnen war. Er hatte längst seinen eigenen Weltmeistertitel erobert, in seinem "ersten Leben", als er selbst in den Teams schraubte. 1981 und 1983 tat er das als Chefemechaniker von Brabham so gut, dass er Nelson Piquet bei Brabham zum Weltmeister machte, und damit auch Team-Eigner Bernie Ecclestone.
Der wurde sein größter Förderer, und doch machte sich Whiting nie abhängig von ihm. Wenn man bedenkt, wie intensiv die Machtkämpfe zwischen dem Ecclestone-Lager und der FIA über Jahrzehnte waren, wird einem erst bewusst, wie gut Whiting gewesen sein muss, genau in jener Zeit, bei der FIA unersetzbar geworden zu sein.
Die Formel 1 trauert an dem Morgen, an dem die Saison so richtig beginnen sollte, nicht um ihren Reichsten, und nicht um ihren Prominentesten. Wahrscheinlich aber um ihren Wichtigsten.
Charlie Whiting 2016 mit Marcin Budkowski und Laurent Mekies. Sie sollten als seine Nachfolger aufgebaut werden, sind nun aber bei Renault bzw. bei Ferrari. Wer Whiting nun folgen soll, ist in der Stunde des Schocks noch vollkommen unklar.
Mit Dani Ricciardo vor einiger Zeit bei Red Bull....
...mit den Piloten hatte er immer eine gute Gesprächsbasis.
Die wichtigsten Facts über Charlie Whiting:
- Geboren am 12. August 1952 in England.
- Er kam mit seinem Bruder Nick in den Motorsport, betreute mit ihm Tourenwagen-Autos in der Nähe von Brands Hatch.
- Nick wurde später, 1990, in England ermordet.
- Charlies Weg in die Formel 1 führte über die Teams von Surtees (Divina Galica) und Hesketh 1978 zu Brabham, wo er zum Chefmechaniker aufstieg. Mit ihm wurde Nelson Piquet 1981 und 1983 Weltmeister. 1986 war er Teil des Brabham-Rennstalls, als Elio de Angelis tödlich verunglückte.
- Auch von diesem Ereignis betroffen wechselte er die Seite und 1988 zur Formel-1-Organisation. Erst als Technischer Berater, später dann ab 1997 als Renndirektor und Sicherheitsbeauftragter der FIA.
- Seine größte Machtprobe bestand Whiting 2005 in Indianapolis, als er sich weigerte, Michelin neue Reifen zu erlauben, weil die davor eingesetzten in Kurve 13 immer wieder kaputt wurden. Seine Begründung: "Ich kann nicht den Reifenhersteller, der sich richtig vorbereitet hat, bestrafen, damit der andere seinen Fehler korrigieren kann." Darauf hin fand das Rennen mit nur sechs Autos statt.
- Geboren am 12. August 1952 in England.
- Er kam mit seinem Bruder Nick in den Motorsport, betreute mit ihm Tourenwagen-Autos in der Nähe von Brands Hatch.
- Nick wurde später, 1990, in England ermordet.
- Charlies Weg in die Formel 1 führte über die Teams von Surtees (Divina Galica) und Hesketh 1978 zu Brabham, wo er zum Chefmechaniker aufstieg. Mit ihm wurde Nelson Piquet 1981 und 1983 Weltmeister. 1986 war er Teil des Brabham-Rennstalls, als Elio de Angelis tödlich verunglückte.
- Auch von diesem Ereignis betroffen wechselte er die Seite und 1988 zur Formel-1-Organisation. Erst als Technischer Berater, später dann ab 1997 als Renndirektor und Sicherheitsbeauftragter der FIA.
- Seine größte Machtprobe bestand Whiting 2005 in Indianapolis, als er sich weigerte, Michelin neue Reifen zu erlauben, weil die davor eingesetzten in Kurve 13 immer wieder kaputt wurden. Seine Begründung: "Ich kann nicht den Reifenhersteller, der sich richtig vorbereitet hat, bestrafen, damit der andere seinen Fehler korrigieren kann." Darauf hin fand das Rennen mit nur sechs Autos statt.
Das Bild, das ich Mittwoch nachmittag in Melbourne mache. Sekunden später wird Charlie Whiting hier auftauchen, bei der Begehung der Strecke. Stunden später stirbt er.