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Test: Kia Stinger GT

Test: Kia Stinger GT

Premium-Pionier

Mit dem Stinger trat Kia erstmals in Konkurrenz zu den etablierten Edel-Marken aus Deutschland. Der Übergang in die elektrische Ära beendet den Zyklus der sportlich-luxuriösen Fünftür-Limousine mit V6-Benziner. Welche Eindrücke von der Abschiedsfahrt in Erinnerung bleiben, verrät der Test.
Um wen geht es?     
Als Kia im Jahr 2017 den Stinger lancierte, zeigten die Koreaner Flagge: Plötzlich gab es Konkurrenz zu den etablierten Edel-Marken aus Deutschland, wenn es um sportlich-luxuriöse Mittelklasse-Limousinen im Sportback-Stil ging. Neben dem gediegenen Interieur und der satten Straßenlage begeisterte damals vor allem die Optik, die aus der Feder deutscher Designer stammte.
Mit dem Facelift vor drei Jahren blieb nur mehr das Top-Modell „GT“ im Portfolio: Das Flaggschiff mit bärenstarkem V6-Benziner gilt als Highlight der Marke in der Verbrenner-Ära und zeigte den Stinger von seiner besten Seite. Seine zuletzt 366 PS machten den Sportback zum schnellsten Serien-Kia aller Zeiten, die vier Endrohre verrieten die allradgetriebene Power-Version. Mitte 2023 kam die Produktion des Stinger zu einem Ende – es ist also Zeit, sich von diesem Meilenstein der Marke zu verabschieden. Seine Rolle als Aushängeschild in der obersten Spielklasse hat aktuell der elektrische EV6 GT übernommen.
 
Wie ist der Innenraum gestaltet? 
Im Interieur hat sich Kia an klassischen Tugenden orientiert, der Stinger wirkt wie eine gesetzte Limousine, gar oldschool im positiven Sinne: Im Cockpit sitzt man sportlich-tief, die Stühle sind bequem und keinesfalls zu eng geschnitten. In schnellen Kurven könnten sie etwas ausgeprägtere Wangen vertragen, etwas mehr Seitenhalt hätte sportlich orientierten Fahrern nicht geschadet. Nichts zu kritisieren gibt es im Bereich der Ergonomie: Das Lenkrad und alle weiteren Bedienelemente sind in idealer Griffweite, letztere sind zudem logisch aufgebaut. Das gilt auch für alle Themen rund um das Multimediasystem – auch wenn die Software schon etwas in die Jahre gekommen ist, läuft alles einwandfrei und sorgt für keinerlei Ärgernisse. Ebenso positiv ist die Bedienfreiheit zu vermerken, es stehen sowohl Knöpfe als auch Drehregler, die Sprachsteuerung und der Touchscreen zur Verfügung. Das Smartphone kann mittels der induktiven Ladeschale mit Strom versorgt werden, oder via Kabel – für Apple CarPlay und Android Auto muss das Handy jedenfalls angesteckt werden. Fast schon nostalgisch wirken die analogen Rundinstrumente. Aus praktischer Sicht sind genügend Ablagen im Innenraum verfügbar vorhanden, allerdings ist die Rundumsicht recht bescheiden. Dass sich dessen auch Kia bewusst ist, zeigt der Umstand, dass 360-Grad-Kameras serienmäßig verbaut sind – aber dazu mehr im nächsten Kapitel!
Kia ist es gelungen, einen feinen Mix aus einer dynamischen, aber niemals harschen Fahrwerks-Abstimmung auf die Straße zu bringen.Kia ist es gelungen, einen feinen Mix aus einer dynamischen, aber niemals harschen Fahrwerks-Abstimmung auf die Straße zu bringen.
Bärenstarke Bremsen der Marke Brembo.Bärenstarke Bremsen der Marke Brembo.
Klassischer Kia-Kühergrill in edler Ausführung.Klassischer Kia-Kühergrill in edler Ausführung.
Die vier Endrohre verraten die allradgetriebene Power-Version „GTDie vier Endrohre verraten die allradgetriebene Power-Version „GT".
Raffinierte LED-Lichter.Raffinierte LED-Lichter.
Lufteinlässe auf der Motorhaube.Lufteinlässe auf der Motorhaube.
Ab 2017 begeistert der Stinger mit seiner Optik, die aus der Feder deutscher Designer stammt.Ab 2017 begeistert der Stinger mit seiner Optik, die aus der Feder deutscher Designer stammt.
Wie sieht es mit der Serienausstattung aus?     
Kurz Antwort: Gut. Sehr gut sogar. Neben dem digitalen Angebot mit 10,25 Zoll großem Touchscreen, Navigationssystem und Apple Carplay sowie Android Auto gehört in Sachen Multimedia auch noch Premium-Sound der Marke Harman Kardon mit 15 Lautsprechern zur Serienausstattung. Dazu kommen LED-Scheinwerfer mit Kurvenlicht, Head-up-Display, elektrische Sitzverstellung mit Memory-Funktion, eine feine Mischung aus Nappaleder und Alcantara (letzteres auch als Verkleidung für den Dachhimmel). Sitzheizung gibt es sowohl vorne als auch hinten, dazu ist auch das Sportlenkrad heizbar. Der Innenraum wird auf Wunsch dank elektrischem Hub- beziehungsweise Schiebedach aufgehellt und durchlüftet. Zu guter Letzt ist auch noch die umfangreiche Sicherheitsausstattung zu erwähnen, die von Radar-Tempomat über Querverkehrs- und Toterwinkelwarner, Spurführungs-Assistent bis Verkehrszeichenerkennung reicht. Zudem zeigt der Stinger mit einem fahrerseitigen Knieairbag auf.  
 
Welcher Antriebsstrang ist verbaut?      
Der Stinger GT liefert mit 366 PS und 510 Newtonmetern sowohl Leistung als auch Drehmoment im Überfluss. Möglich macht das der mit über drei Litern Hubraum außergewöhnlich großvolumige Sechszylinder-Benzinmotor, der in den luxuriösen Modellen des Konzerns zum Einsatz kommt. Das V-Aggregat wird von gleich zwei Turbos unter Druck gesetzt – trotzdem geht die Leistungsentfaltung als linear durch, ein Turboloch oder ein abruptes Einsetzen der Leistung ist nicht zu erkennen. Dass diese seit 2018 aufgrund der damals neu eingeführten Abgasnorm Euro 6d-TEMP um 4 PS geringer ausfällt als ursprünglich bei Markstart, merkt man diesem Stinger freilich nicht an. Der V6 wirkt bullig und kräftig, in Sachen Drehfreude könnte jedoch noch mehr gehen. Soundtechnisch trägt der GT nicht zu dick auf, er gibt sich stets gediegen und wenig aufdringlich, wenn auch stets präsent. Die Leistung wird von der Achtgangautomatik souverän verwaltet – sie schaltet flott und trotzdem butterweich. Im Automatik-Modus wird stets der passende Gang gewählt, manuelle Schaltbefehle werden über die Wippen hinter dem Lenkrad angenommen. Die PS auf den Boden bringt der serienmäßige Allradantrieb – Traktionsprobleme kennt der GT also keine. Lobenswert: Der Testverbrauch lag unter der Werksangabe – eine Seltenheit. Trotzdem knabbern mehr als zehn Liter Durchschnittsverbrauch am Geldbörserl. Hinzu kommt, dass der Benzintank mit 60 Liter nicht sonderlich groß ausfällt. Die Reichweite beträgt so unter 600 Kilometer – für einen Gran Turismo könnten es ruhig mehr sein.
Klassische Tugenden: Der Stinger wirkt wie eine gesetzte Limousine, gar oldschool im positiven Sinne.Klassische Tugenden: Der Stinger wirkt wie eine gesetzte Limousine, gar oldschool im positiven Sinne.
Fast schon nostalgisch wirken die analogen Rundinstrumente.Fast schon nostalgisch wirken die analogen Rundinstrumente.
Auch wenn die Software nicht mehr ganz neu ist, läuft alles einwandfrei.Auch wenn die Software nicht mehr ganz neu ist, läuft alles einwandfrei.
Feine Mischung aus Nappaleder und Alcantara (letzteres auch als Verkleidung für den Dachhimmel). Man sitzt sportlich-tief.Feine Mischung aus Nappaleder und Alcantara (letzteres auch als Verkleidung für den Dachhimmel). Man sitzt sportlich-tief.
Die Leistung wird von der Achtgangautomatik souverän verwaltet.Die Leistung wird von der Achtgangautomatik souverän verwaltet.
Die durchgestylte und hochwertig ausgeführte Türinnenseite.Die durchgestylte und hochwertig ausgeführte Türinnenseite.
Das Kofferraumvolumen ist mit 406 Litern eher auf der kleinen Seite, was wohl die wenigsten GT-Fahrer stören wird. Fondlehnen im Verhältnis 2:1 umlegbar.Das Kofferraumvolumen ist mit 406 Litern eher auf der kleinen Seite, was wohl die wenigsten GT-Fahrer stören wird. Fondlehnen im Verhältnis 2:1 umlegbar.
Wie fährt sich der GT?      
Kia ist es gelungen, einen feinen Mix aus einer dynamischen, aber niemals harschen Fahrwerks-Abstimmung auf die Straße zu bringen. Diese Eigenschaften treffen auf beide Settings der serienmäßigen Adaptiv-Dämpfer zu. Die Lenkung ist direkt und feinfühlig, Richtungswechsel werden zackig umgesetzt – der GT lässt sich so präzise auf der Straße platzieren. In flotten Kurven tritt Untersteuern erst sehr spät auf – ganz im Gegensatz zum Übersteuern: Unter Last ist das Heck spielerisch beherrschbar, wer es darauf anlegt, kann dynamische Power-Drifts spielerisch umsetzen. ESP und Traktionskontrolle sind auf Knopfdruck abgedreht, bei Bedarf wandert die gesamte Kraft an die Hinterachse, und die Mundwinkel wandern schnell in Richtung Ohren. Klar – mit fast zwei Tonnen ist der Stinger kein Leichtgewicht, aber das würde schließlich auch nicht dem Charakter eines GT entsprechen. Wenn der Stinger hingegen nicht provoziert wird, geht er als äußerst fahrsicher durch. Hinzu kommen die bärenstarken Bremsen der Marke Brembo, die ordentlich verzögern und sich dazu noch resistent gegen Fading zeigen. Als Schmankerl für Autofans ist der Top-Speed zu vermerken. Auch wenn dieser abseits von Rennstrecke und deutscher Autobahn wohl kaum erfahren werden kann, ist die serienmäßige Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h eine Ansage. Denn bei der deutschen Premium-Konkurrenz (beispielsweise in Form des Audi S5 Sportback) ist bei 20 Stundenkilometer weniger Schluss.
Abschieds-Testfahrt auf der Wiener Höhenstraße. Bei Bedarf wandert die gesamte Kraft an die Hinterachse, und die Mundwinkel wandern in Richtung Ohren.Abschieds-Testfahrt auf der Wiener Höhenstraße. Bei Bedarf wandert die gesamte Kraft an die Hinterachse, und die Mundwinkel wandern in Richtung Ohren.
Wie viel Platz gibt es im Innen- und Kofferraum?      
Logisch – vorne gibt es bei einer vierkommaacht Meter langen Limousine genügend Platz, hier weis der Stinger zu überzeugen. Hinten sieht es schon etwas anders aus, denn die Kopffreiheit für Fond-Passagiere wird durch die dynamisch abfallende Dachlinie etwas eingeschränkt. Zur Breite hin ist allerdings genügend Bewegungsfreiheit vorhanden. Gleichs Spiel im Laderaum: Dieser fällt recht breit aus, jedoch ist er in der Höhe leicht eingeschränkt. Das Kofferraumvolumen ist mit 406 Litern eher auf der kleinen Seite, was wohl die wenigsten GT-Fahrer stören wird. Immerhin sind die Fondlehnen im Verhältnis 2:1 umlegbar, die Ladefläche bleibt stets eben.
 
Sind die Unterschiede des Facelift-Modells merkbar?            
Von außen ist die aufgefrischte Version an neuen Scheinwerfern und Elementen wie Seitenspiegelkappen in gefärbtem Chrom identifizierbar, im Interieur sticht in erster Linie der größere Touchscreen ins Auge. Bei Motor, Ausstattung und Extras gibt es ab dem Facelift keine Wahlmöglichkeiten mehr, nur bei der Innen- und Außenfarbe ist Spielraum verblieben.
Weil seit dem Update nur mehr die GT-Version verfügbar ist, gibt es auch keine Verwechslungsgefahr zu den schwächeren Varianten mehr. Beim Vorfacelift-Modell war die Sache schon schwieriger: Da auch schon die weniger potent motorisierten Versionen des Stinger ganz schon sportlich wirkten, lagen die optischen Unterschiede des GT im Detail. Am einfachsten war die Top-Version an den vier Endrohren zu erkennen sowie an den rot lackierten Brembo-Bremsen. Innen hat beispielsweise das spezielle Sport-Lederlenkrad die Version mit V6-Benziner verraten.
 
Das Fazit?
Der Kia Stinger GT kombiniert die bekannten Stärken der Marke wie Verlässlichkeit und Garantieumfang mit exklusiver Leistung und Karosserieform – also den Eigenschaften der Premium-Marken. Dieser Test hat gezeigt: Wer eine sportliche Fließheck-Limousine mit emotionalem V6-Benziner ohne Hybrid-Komponente oder dergleichen im Preisbereich unter 100.000 Euro sucht, kommt kaum am Kia Stinger GT vorbei. Das heißt aber auch, dass man schnell sein sollte. Denn nur mehr wenige neuwertige Exemplare sind am heimischen Fahrzeugmarkt zu haben.
Fazit von Motorprofis-Tester Michael Ziehenberger: „Der Kia Stinger GT kombiniert die bekannten Stärken der Marke wie Verlässlichkeit und Garantieumfang mit exklusiver Leistung und Karosserieform – also den Eigenschaften der Premium-Marken.Fazit von Motorprofis-Tester Michael Ziehenberger: „Der Kia Stinger GT kombiniert die bekannten Stärken der Marke wie Verlässlichkeit und Garantieumfang mit exklusiver Leistung und Karosserieform – also den Eigenschaften der Premium-Marken."

DATEN & FAKTEN

Kia Stinger GT 3.3 T-GDI ISG AT8 AWD

(Jänner 2024)

Preis

77.990 Euro (letzter Preis von 2023).

Antrieb

6-Zylinder-Doppelturbo-Benzinmotor, 3.342 ccm, 366 PS, 510 Nm
8-Gang-Automatik, Allradantrieb.

Abmessungen

Länge 4.830 mm / Breite 1.870 mm / Höhe 1.400 mm. Radstand 2.905 mm. Kofferraumvolumen 406 – 1114 Liter.

Gewicht

Eigengewicht 1.933 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 2.325 kg.

Fahrwerte

Höchstgeschwindigkeit 270 km/h, Beschleunigung 0 – 100 in 5,4 Sekunden, WLTP-Normverbrauch 10,9 Liter

Testverbrauch

10,2 Liter.

MOTORPROFIS WERTUNG

Fahrspass

8 Punkte

Vernunft

5 Punkte

Preis-Leistung

7 Punkte

Gesamturteil

7 Punkte
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