JAGUAR I-PACE-TROPHY
Jaguar schreibt Geschichte
Der Rennwagen, der eines fernen Tages vielleicht als Attraktion in Museen stehen wird, ist ein Steirer.
Das erste vollektrisch angetriebene Straßenauto, dass eine Tourenwagen-Meisterschaft gewonnen hat. Und das nach fünf Jahren Formel E nun auch dafür sorgt, dass es im Rennsport auch erstmals eine Rennserie mit E-Autos gibt, die ein Dach über dem Kopf des Piloten haben.
Die Jaguar-I-PACE-Trophy fand heuer erstmals im Rahmen ausgewählter Rennen der ABB FIA Formula E Championship statt – und hat nun einen ersten Meister: Sergio Jimenez, ein Brasilianer, der auch beim Saisonfinale in New York dominiert hatte. Und der 2003 in der Formel Renault Teamkollege eines jungen Engländers war – von Lewis Hamilton.
Was aber sollte man über die Meisterschaft und das Rennauto wissen?
1. Ein Grazer. Der I-PACE wird von Magna Steyr in Graz gebaut. Dann werden die Autos nach England transportiert, wo M-Sport (bekannt u.a. aus der Rallye-WM und durch die WM-Titel mit Sebastien Ogier) aus dem I-PACE ein Rennauto formt: mit einem FIA-konformen Überrollkäfig und der Aluminiumhaube. Kotflügel und Verkleidungen werden durch Nachbauten aus Kohlefaser ersetzt, um ein wenig Gewicht zu sparen. Und ja: um die Lebensdauer auf den engen Straßenstrecken zu verlängern, wo Mauer-Kontakt zum täglichen Geschäft gehört.
2. Die Batterie. Dieselben 90-kWh-Lithium-Ionen-Akkus, die Leistungselektronik und die zwei Antriebsmotoren, die im Serienmodell des I-PACE verbaut sind, werden auch in den e-Trophy-Fahrzeugen eingesetzt. Die Bremsen werden durch größere, leistungsstärkere Einheiten von AP Racing ersetzt, um sicherzustellen, dass sie den harten Streckenbedingungen standhalten. Während das Batteriemanagementsystem ebenso serienmäßig ist wie die Batteriekühlung macht Jaguar einige kleinere Änderungen, damit der Speicher trotz voller Belastung hält.
3. Das Abspecken. Die Kabinenklimaanlage wird entfernt, weil es wichtiger ist, die Batterien zu kühlen, den Motor und die Elektronik-Teile. Die Doppelmotoren leisten 400 PS wie das Straßenauto. Sie haben aber trotz der schwereren Bremsen und des Überrollkäfigs weniger Masse. Denn der Innenraum wird "entkernt" und durch einen Rennsitz und einen Renngurt, die Cosworth Pi-Elektronik und ein Datenerfassungssystem ersetzt.
4. Die Logistik und die Technik. M-Sport bereitet die Autos vor und bringt sie zu den Rennstrecken. Die Teams benötigen nur ganz wenige Mitarbeiter vor Ort. Sie dürfen nur minimale Änderungen an den Fahrzeugen vornehmen: meist im Bereich des Heckflügels und bei den Federn, damit ein Fahrer sein individuelles Setup finden kann.
5. Die Chancen des Fahrers. Die Fahrer selbst können einige Einstellungen über die Bedienelemente am Lenkrad vornehmen. Das ABS kann ein- oder ausgeschaltet werden, die Drehmomentvorspannung von vorne nach hinten kann zwischen 50/50, 45/55, 40/60 oder 35/65 umgeschaltet werden. Der Fahrer kann auch das Ausmaß der regenerativen Bremsung anpassen, die meisten lassen es jedoch bei oder nahe der maximalen Einstellung. Mehr kann nicht verändert werden – dann geht es schon raus auf den Straßenkurs.
6. Die Problematik. Die Kombination aus starken Bremsen, extremer Beschleunigung und relativ schweren Fahrzeugen mit einem Gewicht von mehr als zwei Tonnen führt dazu, dass Überholen schwierig ist. Das klassische Ausbremsen ist schwierig, und die Art, wie man mit Schwung durch die Kurve fährt, komplex.
7. Die Spannung steigt. Beeindruckend ist das Energiemanagement. Einer der Gründe, warum die Formel E auf engen Straßenkursen wie in New York, Rom oder Bern fährt, ist logischerweise, dass viel gebremst wird, was das Laden der Batterien erleichtert. Wenn die Jaguars ihr Rennen nach rund 25 Minuten beenden, dann ist oft noch bis zu 35 Prozent Ladung in der Batterie.
8. Im Dienste der Wissenschaft von Jaguar. Bei den Rennen geht es nicht nur um die Vemarktung des I-PACE. Die Ingenieure ziehen unter diesen extremen Bedingungen Lehren, die zukünftige Jaguar-Elektrofahrzeuge verbessern werden. Denn die Kühlung von Batterie, Motoren und Elektronik ist ein zentraler Schwerpunkt im Moment. Die neue Elektro-Limousine XJ, die 2020 kommt, soll davon bereits profitieren.
9. Die Serie der Zukunft. Wie erwähnt: zumindest drei Jahre lang wird die I-Pace-Trophy im Rahmen der ABB Formel E fahren. Und schon mit Beginn der nächsten Saison im Spätherbst soll es deutliche Entwicklungsschritte geben: die Autos werden schneller, haben einen anderen Sound und sollen so abgestimmt sein, dass das Überholen vereinfacht wird. Wer in der Formel E gesehen hat, wie viel sich in diesem Bereich in einem einzigen Generationswechsel getan hat, der sieht auch das Potenzial in der I-PACE-Trophy. Und wie wichtig es für Jaguar war, sich jetzt – da auch viele andere Hersteller mit E-Markencups spekulieren – sich den Platz im Formel-E-Kalender gesichert zu haben.
Mit dabei sind übrigens auch einige Promis: Kerstin Legge, die frühere DTM-und Indycar-Pilotin startet für den legendären David Letterman. Ein Showmaster für den Rennsport der Zukunft?