Erster Test: BYD Dolphin Surf

Kommt hier das lang ersehnte billige Elektroauto?
Fast schien es, als würde allein sein Fehlen verhindern, dass die Elektromobilität richtig Fahrt aufnimmt: das kleine, vollwertige Elektroauto unter 20.000 Euro. Oft angekündigt, doch lange Zeit nur fern am Horizont zu sehen.
Zwar brachte Renault 2021 den Dacia Spring aus chinesischer Produktion als erstes billiges E-Auto nach Österreich, der wies aber von Beginn an Schwächen in der passiven Sicherheit auf und brachte es bis zum Vorjahr auf nicht mehr als 1200 Neuzulassungen. Ein Gamechanger war das nicht, vielleicht läuft’s mit der aktuellen zweiten Generation besser.
Doch jetzt bringt BYD ein Modell, das aufhorchen lässt. Der Dolphin Surf ist ein Vier-Meter-Kleinwagen, seine Preisskala beginnt unter 20.000 Euro – und er ist gut ausgestattet und fährt sich trotz seiner Kleinheit überraschend erwachsen.
 
Welche Akzente setzt der Kleine?
BYD legt Wert darauf, dass der Dolphin Surf zwar aussieht wie das in China verkaufte Modell Seagull, mit diesem aber nur verwandt, nicht identisch ist. Die Karosserie ist länger, breiter und höher, er hat größere Akkus und ist deutlich besser ausgestattet. So hat die China-Version beispielsweise nur einen Scheibenwischer, der Dolphin Surf deren zwei.
Ein so kleines Auto ansprechend zu gestalten, ist gar nicht einfach. Auch wenn Geschmäcker verschieden sind, kann man dem Dolphin Surf Ansehnlichkeit und Frische im Erscheinungsbild zugestehen, besonders in der aufpreisfreien Lackierung Citrus Yellow (Polar Night Black, Apricity White und Ice Blue kosten extra.)
Betonte Keilform und streng blickende Scheinwerfer-Augen verleihen ihm darüber hinaus Ernsthaftigkeit. Der BYD Dolphin Surf ist kein gesichtsloses, unscheinbares Auto.

Wie beengt geht’s innen zu?
Weniger als erwartet. Am ehesten noch werden die geringen Abmessungen des Autos in der Innenbreite spürbar. Doch der Fahrersitz lässt sich für jede Körpergröße ausreichend einstellen. Eine erfreuliche Überraschung ist das Platzangebot auf den Rücksitzen, vor allem wegen der guten Kopffreiheit. Vier Personen passen tadellos rein in den Dolphin Surf, auch für die Beine bleibt genügend Raum hinter den Vordersitzen. Mit einer Gesamtlänge von 3,99 Metern und einem Radstand von 2,5 Metern ist den Entwicklern hier der Spagat zwischen „außen klein“ und „innen geräumig“ gelungen. Der Kofferraum fällt naturgemäß bescheiden aus: 308 Liter fasst er nur, bei umgelegten Rücksitzen immerhin etwas mehr als einen Kubikmeter.
 
Welche Technik kommt zum Einsatz?
Technische Basis des Dolphin Surf ist die e-Plattform 3.0, wie sie sich auch in größeren BYD-Modellen findet; der Energiespeicher nennt sich markentypisch Blade Battery, worunter ein Lithium-Eisenphosphat-Akku zu verstehen ist, der ohne Kobalt auskommt. Die Basisversion Dolphin Surf Active hat eine 30-kWh-Batterie, die höherwertigen Ausführungen Boost und Comfort 44,3 kWh. Damit sollte der Fronttriebler im Stadtverkehr laut WLTP bis zu 500 Kilometer weit kommen – am weitesten die Version Boost, denn sie kombiniert den größeren Akku mit dem schwächeren der beiden angebotenenen Elektromotoren: Sie verfügt wie der Active über 65 kW Motorleistung, das Topmodell Comfort hat 115 kW unter der Haube. Das spürt man auch, wie wir auf den ersten Testkilometern feststellen konnten.
Mit 65 bzw. 85 kW Ladeleistung ist der Akku an der Gleichstrom-Schnellladestation in einer halben Stunde von 10 auf 80 Prozent der Kapazität zu bringen, verspricht BYD. Die Vehicle-to-Load (V2L)-Funktion erlaubt es, kleine Elektrogeräte an die Fahrzeugbatterie anzuschließen, BYD zeigt dazu für Demonstrationszwecke gern eine Kaffeemaschine.

Wie fährt sich der Dolphin Surf?
Den stärksten ersten Eindruck vermittelt die Lenkung: so leicht, dabei so exakt. Durch sie erhält das ganze Auto eine Lebendigkeit und Wendigkeit, die Freude macht. Dazu kommt ein mehr als brauchbarer Abroll- und Federungskomfort. Die Bedienung ist keine Hexerei, wenn man sich einmal mit den Funktionen des 10,1 Zoll großen Displays vertraut gemacht hat. Wie auch in anderen BYD-Modellen ist es drehbar und kann sowohl im Hoch- als auch im Querformat verwendet werden. Wir waren auf den ersten Testkilometern überwiegend im Stadtverkehr unterwegs, dort gehört dieses Auto eindeutig hin, dort fühlt es sich wohl.
 
Die Preisspanne?
Die Preise starten bei 19.990 Euro für das Active-Modell, der Boost kostet 23.380 Euro und der Comfort 25.880 Euro. Schon die Basisversion Active bietet viel Ausstattung serienmäßig: unter anderem LED-Tagfahrlicht, schlüssellosen Zugang und Start per NFC oder einen adaptiven Tempomat. Ob ein Vier-Meter-Auto unbedingt Einparksensoren hinten und eine Rückfahrkamera braucht, sei dahingestellt, praktisch sind sie allemal. Die mittlere Ausstattungsvariante Boost kommt mit größeren Leichtmetallfelgen (16 Zoll) und elektrisch verstellbaren Vordersitzen, die Topversion Comfort bietet zudem eine 360-Grad-Einparkkamera, LED-Scheinwerfer und Sitzheizung.
 
Das Fazit?
Einen Kleinwagen wie den Dolphin Surf nennt ein BYD-Sprecher die „Königsklasse der E-Mobilität“, weil es schwierig sei, ein solches Auto so zu konzipieren, dass es unter einem bestimmten Kaufpreis angeboten werden kann und der Hersteller dennoch Geld damit verdient – und es dabei kein spartanisches Nacktmodell wird. Alle drei Punkte scheinen BYD gelungen zu sein. Der Dolphin Surf ist klein, extravagant und gut ausgestattet.