Erster Test: Range Rover Sport
Die ganz hohe Stilebene
Währen der große Range Rover in den eigenen Sphären der höchsten Luxusliga schwebt, ist die Konkurrenz für den Range Rover Sport irdischer und natürlich größer. Die üblichen Premiummarken sind in der SUV-Oberklasse höchst engagiert und fahren mit Steilheck- und Coupé-Varianten meistens zweigleisig. Auch das Range Rover-Portfolio wurde um den sportlich geschnittenen Velar erweitert, allerdings auf einer anderen Basis: Währen der Range Rover Sport auch in der neuen Generation die Plattform des großen Luxus-Bruders verwendet (MLA-Flex), ist es beim Velar die Plattform vom kleineren Jaguar F-Pace (D7a).
Wie ist das neue Design angelegt?
Seit dem Debüt im Jahr 2005 unterscheidet sich der Range Rover Sport von den meistens deutschen Konkurrenten immer und zuvorderst über das Design. Auch das neue Modell kann sich mit dem Entwurf von Gerry McGovern und seinem Team wieder abheben. Die kantig-robuste Art der ersten Generation ist endgültig passé, die nunmehr dritte Generation knüpft an das Design des direkten Vorgängers an, verfeinert es aber mit glatten und elegant gerundeten Flächen noch mal deutlich. Dass der Range Rover Sport auf der ganz hohen Stilebene angekommen ist, liegt zudem an der hochwertigen Ausführung. Überall wurden Flächen geebnet und Übergänge harmonisiert, um die Karosserie aus einem Guss erscheinen zu lassen. Eine Rolle spielt auch der Verzicht auf Muskelspiele mit ausgestellten Radhäusern oder gierig aufgerissenem Kühler-Maul. Britische Coolness herrscht vor. Das Revier, das der Brite mehr denn je besetzten will, ist der Fashion District. Wie viel er in perfekte Proportionen investiert, sieht man beim genauen Hinschauen, die Räder des Testwagens sind tatsächlich 23 Zoll groß.
Die Sportlichkeit des „Sport“ kommt von der Haltung, die wichtigsten Linien werden anders angewinkelt als beim großen Range Rover: Dachlinie abfallend, Seitenlinie ansteigend, dazu markante Sicken in den Türen. Wie beim ebenfalls ganz neuen großen Bruder ist das Heck der überraschende Part, mit ganz glatten Flächen sowie einer um die Ecken verlaufenden Leiste, die Lichter und Markenschriftzug vereint.
Wer die Innenräume vom Range Rover Sport und dessen großen Bruder in ähnlicher Ausstattung vergleicht, stellt atmosphärisch nicht allzu große Unterschiede fest – was natürlich für das „Sport“-Interieur und dessen Luxus spricht. Die deutlichste Abweichung ist das sportivere Raumgefühl, der Aufbau ist beim „Sport“ näher an den Insassen als beim ausgesprochen luftigen großen Modell. Liebgewonnene Range Rover-Details wie die hohe Sitzposition, der Ausblick auf die flache Motorhaube, die großen Sessel in Reihe eins oder die breite Armauflage unter dem Fenster sind beim „Sport“ allesamt vorhanden, jeweils in leicht, fast unmerklich reduzierter Form. Ähnlich wie beim Vergleich von First- und Business-Class auf dem Langstreckenflug bleiben die Unterschiede zum großen Modell subtil.
Auch der Range Rover Sport bewegt sich bei der Einrichtung in hohen Sphären, das feine Leder und dessen Verarbeitung sind in den höchsten Austattungsstufen auf dem Niveau von Hermes, Minotti und Co.; wobei die Britishness topmodern interpretiert wird, restlos befreit von der Schwere vergangener Jahrzehnte: Schnörkellosigkeit, glatte Flächen und dezente Materialien sind vorherrschend. Strenge Farbenlehre wird im Sinne des Designs bis in die Details durchgezogen.
Überzeugen Multimedia-Technik und Bedienung?
Ein weiterer Stil-Unterschied zur direkten SUV-Konkurrenz ist bei allem Luxus auch der Verzicht: Die Riesenbildschirme einiger Konkurrenten kommen den Briten nicht ins Fahrerhaus. High-Tech wird dezenter zelebriert, das 13,1-Zoll-Tablet aus hochwertigem Glas sieht auf dem Leder-Armaturenbrett sehr edel aus (putzen muss man es dafür aber regelmäßig). Im Blickfeld des Fahrers sind 13,7-Zoll-Digitalarmaturen und ein Head-up-Display. Schick ist zudem das Layout der Pivi-Pro-Software. Auch der Range Rover Sport ersetzt aber bei Lenkradfernbedienung und Temperatursteuerung die Tasten durch glatte Flächen – die Bedienung funktioniert, ist aber weniger intuitiv als bisher. Insgesamt ist der Benutzerkomfort trotzdem hoch und die Handhabung entspannt. Das Multimediasystem reagiert schnell, ist rätselfrei aufgebaut – softwareseitig ist JLR im Frontend gut unterwegs. Vieles im Cockpit ist ergonomisch richtig und wurde sinnvoll angeordnet. Ausnahme sind die zu tief und weit vorne platzierten Türgriffe, das Öffnen der großen Türen ist nicht so elegant, wie es in der Luxusklasse sein sollte. Sehr positiv ist dagegen, dass der Range Rover Sport niemals unnötig piepst, warnt oder gar automatisch eingreift, er zählt zu den Fahrzeugen mit den am wenigsten nervigen Assistenzsystemen.
Gängige Online-Funktionen wie Updates-over-the-Air und dynamische Routenführung sind vorhanden, Amazons Alexa erweitertet die Sprachsteuerung, Spotify erleichtert die Musikauswahl, Apple CarPlay und Android Auto werden kabellos gekoppelt und am Bildschirm großflächig eingebunden. Im ersten Test gab die modelleigene Navi mitunter noch unlogische Routenvorschläge, erst der Gegencheck bei Google Maps brachte Gewissheit. Beim Induktivladen wurde das Handy ziemlich heiß.
Das Soundsystem von Meridian spielt mit 1.435 Watt und 29 Lautsprechern exzellent auf (im großen Range Rover sind es 1.900 Watt und 35 Lautsprechern, Unterschied muss schon sein). Ein Luftreinigungssystem mit PM-2.5-Filter entzieht der Luft Partikel und Allergene, um die Insassen vor Staub und Pollen zu schützen. Die Luftqualität innerhalb und außerhalb des Fahrzeugs wird automatisch gemessen.
Das Kofferraumvolumen ist mit 647 bis 1.860 Litern ähnlich großzügig wie beim großen Range Rover. Zum Einräumen lässt sich das Heck per Knopfdruck absenken – einen klassischen Kombi belädt man natürlich trotzdem etwas leichter. Dafür genügt zum Umklappen der Fondsitze hier ein Tastendruck.
Wie ist das Fahrgefühl im neuen Range Rover Sport?
Mit dem Nachnamen gehen natürlich Erwartungen einher. Und ja, der Range Rover Sport kann schon flott gefahren werden. Wer es wissen will, erkennt dass die Lenkung durchaus genau ist, die Hinterradlenkung das Auto spürbar agiler macht, das adaptive Fahrwerk die Seitenneigung reduziert und hinten sogar ein aktives Differential mitmischen kann. Die erzielbaren Kurvengeschwindigkeiten sind nicht schlecht, und der getestete Dreiliter-Reihensechszylinder-Diesel mit 300 PS und 650 Newtonmetern macht jederzeit ordentlich Druck.
Letztlich erweist sich der Range Rover Sport aber als der Gescheitere, der nachgibt, und ein 2,5-Tonnen-Fahrzeug nicht durch rigorose Abstimmung zum Sport zwingt. Im Vordergrund bleibt somit das Komforterlebnis: Geräusche werden weitgehend ferngehalten und die Insassen von der Außenwelt entkoppelt. Den letzten Schliff geben dabei die in die Kopfstützen eingelassenen Lautsprecher mit Noise-Cancelling-Funktion für ruhiges Reisen. Auch der Motor ist nur ganz sanft und in angenehmer Tonlage zu hören. Windgeräusche treten kaum auf, nur ein bisschen oberhalb von 130 km/h, wenn der Wind mal von der falschen Seite kommt. Das adaptive Fahrwerk mit elektronisch geregelter Luftfederung nimmt schlechten Straßen trotz 23-Zoll-Rädern den Schrecken, was wirklich erstaunlich ist. Bei Dunkelheit überzeigen die neuen Digital-LED-Scheinwerfer voll.
Der Range Rover Sport ist etwas knackiger als das große Modell, hängen bleibt aber auch hier die Perfektionierung des – flotten, souveränen – Gleitens.
Wie schaut es mit Verbrauch, Stadtverkehr und den Offroad-Fähigkeiten aus?
Zum wunderbaren Reisekomfort passt auch der für die Klasse niedrige Verbrauch – auf der Autobahn waren es im Test mit dem D300 nur 7,8 Liter pro 100 Kilometer, Im Gesamtschnitt lag der Testverbrauch bei 8,3 Litern (der große Range Rover mit D350-Motorisierung kam im Motorprofis-Test auf 8,5 bzw. 8,9 Liter). Das bedeutet auch hohe Reichweiten ohne Tankstopp.
Kein Techniker kann freilich Größe wegentwickeln, im urbanen Bereich muss man aufgrund der Länge, und vor allem auch der Breite, mitunter bedacht und geduldig agieren. Das Einparksystem hilft, wo es kann. Alte, enge Parkgaragen sollte man trotzdem meiden, bei den modernen Varianten einen günstigen Stellplatz wählen. Oder gleich das Valet Parking von gehobenen Hotels (in den USA und England auch Restaurants) nutzen.
Wichtig bleiben für jeden Land Rover echte Nutzungsmöglichkeiten im Gelände. Die Achtstufen-Automatik von ZF und der intelligente Allradantrieb iAWD arbeiten dafür mit einer Softwaresteuerung, die das Haftungsniveau 100 Mal pro Sekunde überwacht, also sehr oft. Der wirklich limitierende Faktor ist abseits der Straße aber die Bodenfreiheit, in Extremsituationen lässt sich die Karosserie des Range Rover Sport daher mithilfe der Luftfedern für bis zu 15 Sekunden um 135 Millimeter in die Höhe stemmen.
Wie liegt der neue Range Rover Sport preislich und welche Antriebs-Alternativen gibt es zum Diesel?
Es heißt stark sein, einmal tief durchatmen. Der Range Rover Sport hat sich nicht nur stilistisch und technisch nach oben entwickelt, sondern schon auch preislich. Knapp über 100.000 Euro geht es nun los.
Gereicht werden standesgemäß turbogeladene Reihensechszylinder in Benzin- oder Dieselausführung. Nach oben rundet ein von BMW zugekaufter Biturbo-V8-Benziner das Portfolio ab. Wie beim großen Range Rover soll 2024 eine rein elektrische Version nachgeschoben werden.
Die wunderbaren Dieselvarianten (249, 300, 350 PS) sind in Österreich leider durch die NoVA-Besteuerung preislich benachteiligt. Wer seinen Diesel-Willen nicht über den Aufpreis durchsetzten will, hat mit den Plug-in-Hybrid-Benzinern (440, 510 PS) günstigere Alternativen, die zudem gut 80 rein elektrische Kilometer in der Praxis schaffen.
Das Fazit?
Dass der Range Rover Sport auf der ganz hohen Stilebene angekommen ist, liegt am nochmals verfeinerten Design und der hochwertigen Ausführung. Britische Coolness herrscht vor – das Revier, das der Brite mehr denn je besetzten will, ist der Fashion District. Der Innenraum unterscheidet sich atmosphärisch nicht allzu sehr vom großen Bruder. Abgestimmt ist der Range Rover Sport etwas knackiger, hängen bleibt aber auch hier die Perfektionierung des – flotten, souveränen – Gleitens.