ADRIAN NEWEY EXKLUSIV (Teil 2)
Muss ein Rennfahrer Ingenieur sein, Herr Newey?
Er ist der erfolgreichste Mensch der Formel-1-Geschichte. Adrian Newey hat zehn WM-Titel bei den Fahrern ermöglicht und zehn in der Konstrukteurs-WM. Er gilt als der größte Rennwagen-Designer aller Zeiten. Jetzt, da er gerade sein Buch "Wie man ein Auto baut" auf Deutsch veröffentlicht und sein Pilot Max Verstappen eben den Grand Prix von Mexiko gewonnen hat, haben wir mit Newey ein sehr langes Exklusiv-Interview geführt. Nach dem ersten Teil ( http://www.motorprofis.at/motorsport/exklusiv-4 ), in dem es um seine Annäherung an das Auto ging, folgt nun Teil 2. Es geht um den Piloten und sein Rollenbild im Jahr 2018.
Motiviert Sie das als Designer, wenn ein Fahrer im Auto alles gibt?
"Ja, das wirkt sich schon aus, wenn man weiß, dass der Fahrer da draußen alles gibt und dann in die Fabrik kommt. Er macht das vielleicht, um selbst ein besseres Verständnis zu erlangen, aber er motiviert damit auch die Leute. Jeder freut sich, wenn er die Fahrer sieht. Harte Arbeit hilft einem Team immer weiter, damit die Leute auch härter arbeiten."
Wie wichtig ist es, dass ein Fahrer auch Ingenieursqualitäten mitbringt? Oder reicht es, wenn er einfach verdammt schnell ist?
"Das hat sich im Laufe der Zeit etwas verändert. Als ich Motorsport anfing, da gab es keine Datenerfassung. Das fing erst Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre an. Das einzige Feedback, auf Basis dessen man dann das Auto entwickelte, waren die Aussagen der Fahrer über das Handling und was sie sich wünschen. Das hat sich ein bisschen verändert, als die Telemetrie eingeführt wurde. Die Datenerfassung gibt aber nach wie vor nur Aufschluss darüber, was ein Auto macht, aber nicht warum. Und es macht das auch nur als Reaktion auf die Handlungen des Fahrers. Deswegen habe ich immer sehr eng mit den Fahrern gearbeitet. Ich wollte wissen, was sie vom Auto wollen, welche Eigenschaften sie sich wünschen. Ich habe dann diese Worte genommen, und versucht, sie für die Ingenieure zu übersetzen. Denn die Frage war: Welche aerodynamischen und fahrzeugdynamischen Charakteristika hätten wir gerne, damit das Handling den Wünschen des Fahrers entspricht. Das ist für mich eine der faszinierendsten Herausforderungen: Ich nehme die Wünsche und Vorlieben des Fahrers und versuche, sie in ein Designprodukt umzuwandeln."
Werden die Aussagen des Fahrers auch in Zukunft wichtig sein, oder wird auch in diesem Bereich irgendwann der Computer die Antworten geben können?
"Wenn ich mir anschaue, welche Daten wir erfassen und was wir simulieren können, sehe ich nicht, wie sich das ändern soll. Ich erkenne keine Fortschritte. Das ist auch einer der Gründe, warum alle Formel-1-Teams Fahrersimulatoren haben. Die gibt es nicht, damit die Fahrer üben können - außer wir fahren auf einer neuen Strecke, obwohl Fahrer auf diesem Niveau auch das sehr schnell lernen können. Der wahre Grund: Wenn wir bei der Simulation nur auf ein Computermodell des Fahrers verlassen würden, dann hätten wir am Ende sehr abgemagerte Autos. Speziell im Verhältnis zu diesen Motoren, die sehr viel Leistung, aber sehr schwierig zu nutzen sind. Nur wenn wir also auch den echten Fahrer in die Simulation integrieren, bekommen wir runde Werte, die ihn schneller machen, aber auch das gesamte Paket schneller machen. Daher gibt es die sogenannten 'Driver-in-the-Loop'-Simulatoren. Wir simulieren darin zwar das Auto, aber diese Simulation wird immer noch vom Fahrer selbst gesteuert."
Teil 3 des Gesprächs folgt demnächst hier auf motorprofis.at.
Thema: Sein Verhältnis zu Dietrich Mateschitz - und was er bei Red Bull nie werden will. Und auch nirgends sonst wo.