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Opel-Chef Florian Huettl im Interview

Opel-Chef Florian Huettl im Interview

„Traditionelle deutsche Autowerte“

Im internationalen Portfolio von Stellantis ist Opel die einzige Marke aus Deutschland: Wie das die Autos auch künftig prägen wird, welche Ansätze die Elektromobilität günstiger machen und wo das Tempo dringend erhöht werden muss, erklärt Opel-Chef Florian Huettl im Motorprofis.at-Interview.

Opel war in Österreich traditionell immer eine sehr starke Marke, über Jahrzehnte an der Spitze der Verkaufscharts. Nun sind die Marktanteile deutlich geringer geworden, allerdings schreibt die Firma wieder schwarze Zahlen – war das der Plan?
Florian Huettl: Wir haben einen sehr klaren Plan. Wir haben Opel in den vergangen Jahren neu aufgestellt, strategisch wichtige Entscheidungen getroffen: Zum Ersten den Weg zur Elektromobilität mit voller Konsequenz zu beschreiten, zum Zweiten Opel ganz vorne im Bereich digitaler Vertrieb zu positionieren und vor allem auch, Opel nachhaltig rentabel zu machen. Das ist eine Strategie, die wir in den letzten fünf Jahren entwickelt, verfeinert und mit großem Erfolg umgesetzt haben.

Wohin soll die Reise in Sachen E-Mobilität künftig gehen?
Florian Huettl: Wir sind mit unseren Elektromodellen stärker und stärker positioniert, der batterieelektrische Anteil in Europa hat 2022 etwa 13 Prozent vom Gesamtmarkt betragen. In diesem Markt haben wir schon jetzt einen Anteil, der deutlich über dem Schnitt liegt. Wir haben in unserer Produkts-Strategie auf Null-Emissionen gesetzt, das fängt jetzt an, spürbare und zählbare Früchte zu tragen. Da geht unser Weg ganz klar hin: Vollelektrisch bis 2028 mit einem kompletten Programm im Personenwagen- und Nutzfahrzeug-Bereich.

Also ein derzeit noch kleines Marktfenster weiter öffnen – und die Breitenwirkung?
Florian Huettl: Wir erwarten davon, dass wir Opel wieder breiter aufstellen, neue Kunden an die Marke heranführen, was heute schon der Fall ist und dass wir eine breite, moderne Kundenschicht ansprechen können, wie sie den Automarkt schon heute immer stärker bestimmt.

Der Opel Astra Electric wird ab Frühjahr 2023 bestellbar sein und im Laufe des Jahres in den Handel kommen.Der Opel Astra Electric wird ab Frühjahr 2023 bestellbar sein und im Laufe des Jahres in den Handel kommen.
Batterietechnik, Auto-Abos: „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Elektromobilität bezahlbar zu machenBatterietechnik, Auto-Abos: „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Elektromobilität bezahlbar zu machen", ist Opel-Chef Florian Huettl überzeugt.
Der Mokka ist Stückzahlen-Bringer, als eines der ersten kleinen Elektro-SUVs aber auch Technologieträger.Der Mokka ist Stückzahlen-Bringer, als eines der ersten kleinen Elektro-SUVs aber auch Technologieträger.

Der Privatkundenmarkt findet in Österreich zu 80 Prozent unter einem Kaufpreis unter 25.000 Euro statt, die meisten Verkäufe fallen sogar auf Fahrzeuge deutlich unter 20.000 Euro. Elektromobilität ist für einen Großteil der Menschen somit nicht leistbar. Wie soll sich das in Zukunft auflösen?
Florian Huettl: Eine wichtige Frage, denn Elektromobilität ist heute tatsächlich teuer, in der Produktion, in den Komponenten, vor allem den Batterien. Wir sind zunächst aber einmal froh darüber, dass die Politik hier klare Rahmenbedingungen geschaffen hat. Wir sind seit einigen Jahren konsequent unterwegs Richtung Elektromobilität. Die Politik hat auf europäischer Ebene das Verbrenner-Verbot per 2035 beschlossen. Wir halten es für unsere Aufgabe und strategisch richtig, Null-Emissions-Mobilität anzubieten – und natürlich so, dass es für Kunden zugänglich ist.

Derzeit klafft da aber noch ein ziemlicher Graben...
Florian Huettl: Daran arbeiten wir und es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Elektromobilität bezahlbar zu machen. Wir stecken viel Energie in die richtige Abstimmung des Batterie-Antriebs-Pakets. Die Reichweitenangst der ersten Jahre ist einer bewussten Nutzung der Batterie, der Reichweite, der Ladeinfrastruktur gewichen. Wir wissen, dass wir heute nicht mehr in einem Auto jeder Größe vier-, fünf oder sechshundert Kilometer Reichweite brauchen. Es ist sehr wichtig, hier das richtige Paket zu wählen und die Autos auch nicht über-auszustatten.

Wie viel Potential steckt in der Forschung, sind wirklich günstigere Varianten der E-Mobilität technisch überhaupt möglich?
Florian Huettl: Dazu investieren wir sehr viel in Entwicklung und Forschung. Auch und gerade, um im Batterie- und Antriebstechnik-Bereich Lösungen zu finden, die vielleicht kostengünstiger sind als das, was wir heute haben. Darin sehen wir viel Potential, um die Elektromobilität bezahlbarer zu machen.

Wie sieht es mit Finanzierungsmodellen aus?
Florian Huettl: Wo ich ebenfalls sehr viel Potential sehe, ist das Weggehen vom klassischen Kauf des Fahrzeugs hin zu nutzungsbasierten Modellen wie Auto-Abos, die in Deutschland mittlerweile sehr populär sind. Auch langfristige Leasingverträge mit Wechselmöglichkeit der Fahrzeuge während der Laufzeit sind ein Thema. Heute sind die wichtigsten Treiber, die es möglich machen Elektroautos zu fahren, Finanzierungs- und Leasing-Modelle, die es erlauben, abhängig von Nutzung, kilometerbasiert oder zeitbasiert Mobilität einzukaufen.

Der Corsa ist aktueller Bestseller von Opel – und jedes dritte Modell wird bereits mit Elektroantrieb ausgeliefert.Der Corsa ist aktueller Bestseller von Opel – und jedes dritte Modell wird bereits mit Elektroantrieb ausgeliefert.
CEO Florian Huettl über klar definierte Ziele: „Den Weg zur Elektromobilität mit voller Konsequenz beschreiten und Opel nachhaltig rentabel zu machen.”CEO Florian Huettl über klar definierte Ziele: „Den Weg zur Elektromobilität mit voller Konsequenz beschreiten und Opel nachhaltig rentabel zu machen.”
Die neue Submarke GSe verbindet Sport und Elektrifizierung: Im Grandland bedeutet das 300 PS, Allrad und rein elektrische Reichweite.Die neue Submarke GSe verbindet Sport und Elektrifizierung: Im Grandland bedeutet das 300 PS, Allrad und rein elektrische Reichweite.

Die aktuelle Zulieferkrise ist noch nicht zu Ende, wird Batterie-Knowhow und -Verfügbarkeit eines der Zukunftsthemen sein?
Florian Huettl: Wir arbeiten daran, uns in der ganzen Wertschöpfungskette so aufzustellen, dass wir die Produktion und generelle Verfügbarkeit von Batterien weitgehend selbst kontrollieren. Darum sind wir Teil des Joint Ventures ACC geworden, mit dem wir in Europa Batterien bauen, etwa an unserem Standort in Kaiserslautern. Es gibt auch viel Potential um den Wert, der in dem Auto steckt, auch entsprechend zu nutzen, um den Preis zu drücken. Zwei Beispiele: Eine Batterie hat eine Lebensdauer weit über das Autoleben von zehn, fünfzehn Jahren hinaus. Diesen Wert über Recycling und Circular Economy wieder zu nutzen, und so den Verkaufspreis anders zu kalkulieren, ist eine Möglichkeit. Sie können ein E-Auto auch als Energiezwischenspeicher nutzen, um Spitzen abzufedern oder Niedrigverbrauchperioden auszunutzen. Auch auf diesem Weg findet letztendlich eine Kostenoptimierung statt, die dem Kunden zugutekommt.

Opel war immer eine Ingenieursmarke, die es verstanden hat, aus seinen eigenen Möglichkeiten das Maximum herauszuholen. Innerhalb von Stellantis herrscht aber weitgehende technische Konformität. Wie viel Opel ist den für den Kunden tatsächlich noch wahrnehmbar?
Florian Huettl: Stellantis besteht aus vierzehn Marken und Ingenieurskapazität weltweit, inklusive in Rüsselsheim. Als Konzern versuchen wir, Technologie da gemeinsam zu entwickeln, wo es sinnvoll ist. Aber jede Marke definiert ihre eigenen Charakteristika, ihr eigenes Angebot an den Kunden und setzt das entsprechend um. Opel zeichnet sich aus durch „german engineering“, traditionelle deutsche Autowerte, wie hohe Fahrstabilität auch bei hohen Geschwindigkeiten, ein agiles Handling; wir legen Wert auf eine direkte Lenkung, hochwertige Sitze und Lichtsysteme, auf klares Design, einen aufgeräumten Innenraum. Opel ist innerhalb von Stellantis eben unverwechselbar.

Also nicht Opel vs. das französisch-italienische Hauptgewicht im Konzern?
Florian Huettl: Wir sind die einzige deutsche Marke im Stellantis-Konzern, wir haben eine starke Position in Deutschland, in England und vielen anderen Märken. Am Ende zählt, wie wir es schaffen, unsere Vorstellungen in das Angebot zu packen und dafür braucht es eine starke Vision für die Marke.

Wird Opel, wie es Carlos Tavares einmal angedeutet hat, künftig auch in den USA vertreten sein?
Florian Huettl: Wir verkaufen heute knapp 90 Prozent unserer Autos in Europa, das ist historisch bedingt, weil wir hier immer unseren Schwerpunkt hatten. Wir entwickeln unser Geschäft außerhalb Europas systematisch da weiter, wo wir es für relevant und sinnvoll halten. Etwa in der Türkei, Marokko, im Nahen Osten, auch auf dem afrikanischen Kontinent sehen wir großes Potential. Darüber hinaus erschließen wir uns Möglichkeiten, da wo wir sie sehen. Etwa durch die Bewegung hin zur Elektromobilität: Beispielsweise haben wir uns in Neuseeland mit einem rein elektrischen Angebot einen neuen Markt eröffnet.

Also die Elektromobilität als Hebel für Märkte zu nutzen, die sich dem europäischen Weg dorthin noch nicht verschrieben haben, dafür dort aber Vorreiter sein?
Florian Huettl: Den Weg in die Elektromobilität sehen wir überall, aber mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Da, wo wir heute schon ambitioniert unterwegs sind, haben wir große Möglichkeiten.

Fährt mit 6,6 Kilo Wasserstoff rund 400 Kilometer, ist in drei Minuten aufgetankt: Opel hat den Vivaro-e HYDROGEN entwickelt und zur Serienrreife gebracht.Fährt mit 6,6 Kilo Wasserstoff rund 400 Kilometer, ist in drei Minuten aufgetankt: Opel hat den Vivaro-e HYDROGEN entwickelt und zur Serienrreife gebracht.
Was Opel unverwechselbar macht, beschreibt Florian Huettl als „…traditionelle deutsche Autowerte: hohe Fahrstabilität auch bei hohen Geschwindigkeiten …Was Opel unverwechselbar macht, beschreibt Florian Huettl als „…traditionelle deutsche Autowerte: hohe Fahrstabilität auch bei hohen Geschwindigkeiten …
… ein agiles Handling; wir legen Wert auf eine direkte Lenkung, hochwertige Sitze und Lichtsysteme, auf klares Design, einen aufgeräumten Innenraum.… ein agiles Handling; wir legen Wert auf eine direkte Lenkung, hochwertige Sitze und Lichtsysteme, auf klares Design, einen aufgeräumten Innenraum."

Führt der weitere Weg zu anderen Batterielösungen – ohne limitierte Bestandteile wie Kobalt oder Lithium– oder wird der Fokus eher auf der Verbesserung des Batteriemanagements liegen, um mit kleineren Akkus auszukommen?
Florian Huettl: Beides. Wir forschen und investieren viel in verschiedene Batterietechniken. Dazu ist eine Batterie nach ihrem Lebenszyklus zu einem hohen Prozentsatz recycelbar, und wir bei Opel verfügen über reichlich Kompetenz in diesem Bereich, so haben wir bereits ein Batterieaufbereitungszentrum in Rüsselsheim. Aber mit kleineren Batterien, schnellerer Ladetechnik und guter Infrastruktur zu arbeiten ist ebenfalls ein Weg. Auch in Deutschland sind wir beim Aufbau einer breiten Ladeinfrastruktur noch längst nicht mit der Geschwindigkeit unterwegs, die wir brauchen. All das muss aber zusammen funktionieren, damit wir am Ende ein komplettes System haben, und der Kunde mit vollem Vertrauen elektrisch unterwegs sein kann.

An sich hat die EU ja nicht das Elektroauto beschlossen, sondern die Null-Emission. Wasserstoff ist bei einigen Marken bereits ein fixes Thema, sogar in Direktverbrennung. Ist Opel auch dafür offen, in diese Richtung zu arbeiten, um eine Paralleloption zu haben?
Florian Huettl: Wir haben das heute schon, in Rüsselsheim gibt es jahrzehntelange Kompetenz im Bereich Wasserstoff mit Brennstoffzellentechnik. Letztes Jahr haben wir mit dem Vivaro-e HYDROGEN das erste Fahrzeug entwickelt und zur Produktionsreife gebracht, er fährt mit 6,6 Kilo Wasserstoff rund 400 Kilometer und ist in drei Minuten wieder aufgetankt. Im kommenden Jahre werden wir einen zweiten, größeren Transporter vorstellen. Wir glauben, dass Wasserstoff im Energiemix von morgen gerade bei den Nutzfahrzeugen eine Rolle spielt, und werden das Schritt für Schritt entwickeln.
 
 
Florian Huettl ist CEO der Opel Automobile GmbH und führt das Unternehmen seit Juni 2022. Als Mitglied des Top Executive-Teams von Stellantis berichtet der Opel-Chef auch direkt an Stellantis-CEO Carlos Tavares. Davor war er Vertriebs- und Marketingchef von Opel/Vauxhall und hatte bereits verschiedene leitende Positionen bei Stellantis und der Renault-Gruppe bekleidet. Im Verlauf der letzten 20 Jahre konnte er in Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und Russland internationale Erfahrung sammeln.

Florian Huettl warnt auch: „… sind beim Aufbau einer breiten Ladeinfrastruktur noch längst nicht mit der Geschwindigkeit unterwegs, die wir brauchen. All das muss aber zusammen funktionieren, damit wir am Ende ein komplettes System haben, und der Kunde mit vollem Vertrauen elektrisch unterwegs sein kann.Florian Huettl warnt auch: „… sind beim Aufbau einer breiten Ladeinfrastruktur noch längst nicht mit der Geschwindigkeit unterwegs, die wir brauchen. All das muss aber zusammen funktionieren, damit wir am Ende ein komplettes System haben, und der Kunde mit vollem Vertrauen elektrisch unterwegs sein kann."
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