SEAT – DIE GESCHICHTE
Cupra-Geburt in der Zirkushalle
Zeitgleich wird Seat erstmals in Österreich angeboten. Bei uns kennt man die Marke nicht, spricht sie mitunter englisch aus wie den Sessel. Auch die VW-Händler sind nicht gerade Feuer und Flamme, wollen lieber Golf und Käfer verkaufen als einen Seat erklären. Aber Seat startet durch, entwickelt sich zunächst dynamischer als die zweite Volkswagen-Tochter Skoda. Zur wichtigen Säule neben dem Ibiza wird der Toledo, der als Limousine mit praktischer großer Heckklappe den Nerv der Kunden trifft.
Eine andere Marke mit wunderschönen Autos wird öfter erwähnt, als Seat ein Jahr später in die Golfklasse einsteigt. Der erste Leon erinnert durch sein Schrägheck an den Alfa Sud, während der Innenraum stilistisch und qualitativ dem Audi A3 entspricht. Zudem ist das Auto leicht und fährt sich entsprechend dynamisch. Es ist ein Seat in Bestform, das Preis-Leistungs-Verhältnis ist zudem grandios. Trotz des großen Leon-Erfolgs entwirft Seat die zweite und dann auch die dritte Generation seiner Kompaktklasse wieder ganz neu. Wolfgang Wurm: „Das hat sich sonst keiner im VW-Konzern getraut, kein Golf, Audi A3 oder Octavia“. Seat aber bleibt so ganz bewusst am Plus der Zeit, bis heute haben Spanier die jüngste Klientel aller VW-Marken.
Wer wagt, gewinnt natürlich nicht immer. Und für Seat wächst sich das missglückte Designexperiment Toledo III ab 2004 sogar zur existenzbedrohenden Krise aus. Das Auto ist praktisch, aber im Rückblick ein optischer Fehler. „Wir waren kurz vor dem Zusperren, weil uns plötzlich das Hauptmodell weggebrochen ist“, erinnert sich Wurm. Lange schreibt Seat fortan Verluste, darf sie als Teil der sogenannten Südgruppe im VW-Konzern zwar mit den Gewinnen von Audi gegenrechnen, ist aber angezählt.
Heute sind Limousinen nur noch im Premiumbereich ein Thema und Seat steht ganz ohne Toledo in der Blüte. Zuerst zündet ab 2013 der Leon III mit knackigem Design und neuester VW-Technik aus dem MQB-Baukasten. Dann springt Seat zwar eher spät, aber mit Schwung auf den SUV-Zug auf und ist innerhalb kürzester Zeit mit drei Modellen – Arona, Ateca, Tarraco – zur Stelle. Erstmals wird Deutschland – noch vor Spanien – größter Seat-Markt. In Österreich rücken die Spanier 2019 sogar auf Platz drei vor und damit Skoda auf die Pelle. Gestärkt von diesem Erfolg kann sich Seat im VW-Konzern gerade zum ersten Mal richtig emanzipieren. Der neue Leon, bisher immer kleiner als der Golf, wächst über den Urmeter hinaus. Und der Kombi ist zwar sportlich geformt, aber auch stolze 4,65 Meter lang. Den Modellnamen schreiben die Spanier beim Leon ganz frech in der Porsche-Schrift quer über das Heck, als Erinnerung an den ersten Ibiza und die damalige Kooperation mit Zuffenhausen.
Der VW-Konzern hat Traditionsmarken wie Skoda, Audi, Seat, Bentley und Lamborghini zu neuem Glanz verholfen, jetzt will man erstmals einen jungen, unkonventionellen Herausforderer etablieren. Und die aktuelle Transformation durch die Elektromobilität ist die richtige Zeit für neue Marken. Der Formentor ist das erste eigenständige Fahrzeug der Marke, der rein elektrischen Born der zweite autarke Cupra, weiter geht es mit dem Tavascan.
Beseelt von seiner trendigen, jungen Heimatstadt gibt Cupra die sportliche Designmarke aus Barcelona, hinter der etablierte Technik aus dem Konzernbaukasten steht. Dass man die Barcelona-Schule den Nachbarn erst mal erklären muss, wenn das neue Auto vor der Tür steht, soll nicht das Problem, sondern der Vorteil sein – weg von Mainstream und Tradition, hin zu neuer Lässigkeit und Individualität.
MIt Seat Mó haben die Spanier eine weitere Marke gegründete, sie kümmert sich im VW-Konzern um neue Mobilitätslösungen und Sharing-Konzepte für Städte. E-Roller wie der Seat MÓ 125 werden bereits angeboten.