FORMEL E IN ZÜRICH
Große Party mit kleinen Dramen
Nach über 60 Jahren Auszeit kehrt die Schweiz auf die internationale Motorsportbühne zurück: Wie die Party mit 100.000 Fans am Zürichsee gelaufen ist. Warum Jaguar ein Wechselbad der Gefühle nahm und der Titelfavorit Jean-Eric Vergne komplett baden ging. Wieso Audi so schnell und DS trotzdem die glücklichste Box des Tages war.
18.06.2018Fotos: Werk
Das letzte Rundstreckenrennen in der Schweiz hat Juan Manuel Fangio im Jahr 1954 gewonnen. Nach dem Le-Mans-Unfall von 1955 wurden sie im ganzen Land per Gesetz verboten. Wie kam es zur Rückkehr? Und wie haben die Schweizer Fans reagiert?
Um das Formel-E-Rennen mitten in Zürich möglich zu machen, musste der Bundesrat eine Ausnahmegenehmigung beschließen. Und bei einer Ausnahme wird es nicht bleiben: Zürich hat den Vertrag mit Formel-E-Boss Alejandro Agag gleich bis 2027 verlängert. Kurios: Ausgerechnet eine grüne Bürgermeisterin hat den Rennsport zurück in die Schweiz geholt.
Die Schweizer haben die Rückkehr auf die internationale Motorsportbühne für ihre Verhältnisse überschwänglich gefeiert: Über 100.000 waren auf den Beinen und wollten die Elektro-Boliden fahren sehen…
…was nicht allen Fans gelungen ist…
Mit steigender Popularität stößt das Formel-E-Konzept an natürliche Grenzen: Einerseits will man immer mitten in die Stadt und ist gerade deshalb auch so beliebt, andererseits ist der Platz für Tribünen in der City begrenzt: Für den Zürcher E-Prix waren nur 2.500 Tribünenkarten im freien Verkauf, sie waren innerhalb weniger Stunden ausverkauft, Kostenpunkt 100 Franken (rund 80 Euro !) pro Stück. Stehplätze waren zwar gratis, aber es gab nur rund 10.000 und viele davon hatten relativ eingeschränkte Sicht. Dadurch sahen nur rund ein Zehntel der Fans das Rennen tatsächlich live, der Rest musste auf die Großleinwand im E-Village oder auf eine reine Hörprobe ausweichen. Neben Begeisterung gab es daher auch Enttäuschung, auch weil tausende Sitzplätze für geladene VIPs reserviert waren, wobei die Sponsoren für diese Gäste ganz schön tief in die Tasche greifen müssen – im noblen Emotion-Club kostete der Zugang 1289 bis 2500 Franken (rund 1000 bis 2000 Euro). Fazit: Momentan wächst das Business Formel E sehr schnell, jetzt darf man nicht die Bodenhaftung verlieren.
Um das Formel-E-Rennen mitten in Zürich möglich zu machen, musste der Bundesrat eine Ausnahmegenehmigung beschließen. Und bei einer Ausnahme wird es nicht bleiben: Zürich hat den Vertrag mit Formel-E-Boss Alejandro Agag gleich bis 2027 verlängert. Kurios: Ausgerechnet eine grüne Bürgermeisterin hat den Rennsport zurück in die Schweiz geholt.
Die Schweizer haben die Rückkehr auf die internationale Motorsportbühne für ihre Verhältnisse überschwänglich gefeiert: Über 100.000 waren auf den Beinen und wollten die Elektro-Boliden fahren sehen…
…was nicht allen Fans gelungen ist…
Mit steigender Popularität stößt das Formel-E-Konzept an natürliche Grenzen: Einerseits will man immer mitten in die Stadt und ist gerade deshalb auch so beliebt, andererseits ist der Platz für Tribünen in der City begrenzt: Für den Zürcher E-Prix waren nur 2.500 Tribünenkarten im freien Verkauf, sie waren innerhalb weniger Stunden ausverkauft, Kostenpunkt 100 Franken (rund 80 Euro !) pro Stück. Stehplätze waren zwar gratis, aber es gab nur rund 10.000 und viele davon hatten relativ eingeschränkte Sicht. Dadurch sahen nur rund ein Zehntel der Fans das Rennen tatsächlich live, der Rest musste auf die Großleinwand im E-Village oder auf eine reine Hörprobe ausweichen. Neben Begeisterung gab es daher auch Enttäuschung, auch weil tausende Sitzplätze für geladene VIPs reserviert waren, wobei die Sponsoren für diese Gäste ganz schön tief in die Tasche greifen müssen – im noblen Emotion-Club kostete der Zugang 1289 bis 2500 Franken (rund 1000 bis 2000 Euro). Fazit: Momentan wächst das Business Formel E sehr schnell, jetzt darf man nicht die Bodenhaftung verlieren.
Racing mitten in der Stadt birgt auch Platzprobleme: Über 100.000 Fans am Zürichsee, aber nur etwas mehr als ein Zehntel konnte das Rennen live sehen.
Jaguar nahm am Zürichsee ein heftiges Wechselbad der Gefühle – was war los?
Jaguar war der erste Premiumhersteller mit Werksteam in der Formel E und hat nach einem Lernjahr nun die vorderen Plätze im Visier – in Zürich waren die Emotionen ganz groß, denn plötzlich schien sogar der erste Sieg greifbar: Der junge Neuseeländer Mitch Evans (sein Manager ist Ex-Red-Bull-Fahrer Mark Webber) holte die erste Poleposition für Jaguar, und das nicht etwa knapp, sondern mit einer Fabelzeit.
Bis hinauf zum Vorstandsvorsitzenden Ralph Speth fieberte die Jaguar-Familie mit, als Evans das Rennen anfangs klar dominierte. Erst der von hinten heranstürmende Abt-Audi-Fahrer Lucas di Grassi war für Mitch zu schnell und zog in Runde 18 vorbei. Aber statt Pole und Platz zwei im Rennen nahm das Unheil seinen Lauf: Weil Evans bei gelber Flagge zu schnell unterwegs war, musste er eine Durchfahrtsstrafe einlegen und fiel auf Platz sieben zurück. Trotzdem überwog für den Jungstar am Ende das Positive: „Die Pole ist ein riesiger Motivationsschub“.
Jaguar war der erste Premiumhersteller mit Werksteam in der Formel E und hat nach einem Lernjahr nun die vorderen Plätze im Visier – in Zürich waren die Emotionen ganz groß, denn plötzlich schien sogar der erste Sieg greifbar: Der junge Neuseeländer Mitch Evans (sein Manager ist Ex-Red-Bull-Fahrer Mark Webber) holte die erste Poleposition für Jaguar, und das nicht etwa knapp, sondern mit einer Fabelzeit.
Bis hinauf zum Vorstandsvorsitzenden Ralph Speth fieberte die Jaguar-Familie mit, als Evans das Rennen anfangs klar dominierte. Erst der von hinten heranstürmende Abt-Audi-Fahrer Lucas di Grassi war für Mitch zu schnell und zog in Runde 18 vorbei. Aber statt Pole und Platz zwei im Rennen nahm das Unheil seinen Lauf: Weil Evans bei gelber Flagge zu schnell unterwegs war, musste er eine Durchfahrtsstrafe einlegen und fiel auf Platz sieben zurück. Trotzdem überwog für den Jungstar am Ende das Positive: „Die Pole ist ein riesiger Motivationsschub“.
Fabelzeit im Qualifying: Mitch Evans flog um den Zürcher Stadtkerns und holte überlegen…
…die erste Polepostion für Jaguar: „Das ist ein riesiger Motivationsschub für das Team", sagt der 23-Jährige.
War es ein Eigenfehler des jungen Evans?
Nicht wirklich, eher ein Systemfehler der Formel E. Mit Vergne, Lotterer, Lopez und Buemi kassierten viele der rennbestimmenden Fahrer ebenso eine Durchfahrtsstrafe – den Rennverlauf am grünen Tisch so drastisch zu verändern, nimmt der Rennserie natürlich sportlichen Wert.
Wie hat sich der E-Prix von Zürich auf den Titelkampf ausgewirkt?
Er hat ihn spannend gemacht. Titelfavorit Jean-Eric Vergne fiel beim Qualifying ins zwischenzeitliche Formtief – Platz 17! Seine Rennpace war dafür überragend und hätte ihn aufs Podium bringen können, wären nicht zwei Rückschläge gekommen: ein Problem beim Fahrzeugwechsel und eine Durchfahrtsstrafe warfen ihn auf Platz 10 zurück.
Vergnes treffender Kommentar: "Das beste Rennen meiner Karriere - und zugleich der schlechteste Tag meiner Laufbahn."
Damit muss „JEV“ vor den letzten zwei Rennen in New York noch zittern, denn Verfolger Sam Bird im DS konnte mit Platz 2 ganze 17 Punkte auf den Franzosen aufholen – und war damit der heimliche Sieger von Zürich. Jetzt wird es spannend: Vergne liegt 23 Punkte vor Bird und beim "Double-Header" von New York sind noch 58 Punkte zu vergeben. DS-Star Bird: „Ich muss Vergne im ersten Rennen schlagen, um ihm Druck zu machen. Dann werden wir sehen…“.
Nicht wirklich, eher ein Systemfehler der Formel E. Mit Vergne, Lotterer, Lopez und Buemi kassierten viele der rennbestimmenden Fahrer ebenso eine Durchfahrtsstrafe – den Rennverlauf am grünen Tisch so drastisch zu verändern, nimmt der Rennserie natürlich sportlichen Wert.
Wie hat sich der E-Prix von Zürich auf den Titelkampf ausgewirkt?
Er hat ihn spannend gemacht. Titelfavorit Jean-Eric Vergne fiel beim Qualifying ins zwischenzeitliche Formtief – Platz 17! Seine Rennpace war dafür überragend und hätte ihn aufs Podium bringen können, wären nicht zwei Rückschläge gekommen: ein Problem beim Fahrzeugwechsel und eine Durchfahrtsstrafe warfen ihn auf Platz 10 zurück.
Vergnes treffender Kommentar: "Das beste Rennen meiner Karriere - und zugleich der schlechteste Tag meiner Laufbahn."
Damit muss „JEV“ vor den letzten zwei Rennen in New York noch zittern, denn Verfolger Sam Bird im DS konnte mit Platz 2 ganze 17 Punkte auf den Franzosen aufholen – und war damit der heimliche Sieger von Zürich. Jetzt wird es spannend: Vergne liegt 23 Punkte vor Bird und beim "Double-Header" von New York sind noch 58 Punkte zu vergeben. DS-Star Bird: „Ich muss Vergne im ersten Rennen schlagen, um ihm Druck zu machen. Dann werden wir sehen…“.
Titelkampf hochspannend: Vergne patzt im Qualifying und hat Rennpech dazu, DS-Fahrer Sam Bird (li.) rückt mit Platz 2 auf 23 Punkte heran. Bei den letzten zwei Rennen sind noch 58 zu vergeben…
Wie konnte Lucas di Grassi im Abt Audi so überlegen den Sieg holen?
Weil das Wettrüsten in der Formel E längst begonnen hat, auch wenn nur einige Bereiche des Autos dafür freigegeben sind. Man hört, dass Audi deutlich mehr Geld in die Fahrzeugentwicklung steckt als die Konkurrenz. Zuletzt wurden die Audi-Boliden sukzessive schneller, die letzten beiden Rennen gingen beide an die Ingolstädter.
Bald kommen auch BMW, Mercedes und Porsche in die Formel E – dann wird es entwicklungstechnisch richtig zur Sache gehen. Jaguar-Fahrer Nelson Piquet Jr., vor vier Jahren erster Meister der Formel E und seither immer dabei: „Am Anfang zählte nur der Fahrer, jetzt ist das Verhältnis Auto-Fahrer schon 50:50.“
Weil das Wettrüsten in der Formel E längst begonnen hat, auch wenn nur einige Bereiche des Autos dafür freigegeben sind. Man hört, dass Audi deutlich mehr Geld in die Fahrzeugentwicklung steckt als die Konkurrenz. Zuletzt wurden die Audi-Boliden sukzessive schneller, die letzten beiden Rennen gingen beide an die Ingolstädter.
Bald kommen auch BMW, Mercedes und Porsche in die Formel E – dann wird es entwicklungstechnisch richtig zur Sache gehen. Jaguar-Fahrer Nelson Piquet Jr., vor vier Jahren erster Meister der Formel E und seither immer dabei: „Am Anfang zählte nur der Fahrer, jetzt ist das Verhältnis Auto-Fahrer schon 50:50.“
Audi wird immer schneller, di Grassi siegt und feiert mit dem Zürcher Publikum eine große Party. Sprung in den See natürlich inklusive.
Was waren die großen Gesprächsthemen am Rennwochenende?
Der Rennkalender für nächstes Jahr, denn das erste Rennen findet in Riad (Saudi-Arabien) statt. Offiziell wird von einem Modernisierungsschub für das Land gesprochen, inoffiziell sind vor allem die großen Hersteller alles andere als glücklich, viele werden ihren Auftritt in Riad wohl auf das nötigste reduzieren.
Und natürlich die Gerüchte um Susi Wolff, die in der nächsten Saison als Venturi-Teamleitern zur Chefin von Ex-Formel-1-Star und Neo-Formel-E-Fahrer Felipe Massa wird – und gegen das Team von ihrem Mann, dem Mercedes-Motorsport-Chef Toto Wolff, antritt.
Der Rennkalender für nächstes Jahr, denn das erste Rennen findet in Riad (Saudi-Arabien) statt. Offiziell wird von einem Modernisierungsschub für das Land gesprochen, inoffiziell sind vor allem die großen Hersteller alles andere als glücklich, viele werden ihren Auftritt in Riad wohl auf das nötigste reduzieren.
Und natürlich die Gerüchte um Susi Wolff, die in der nächsten Saison als Venturi-Teamleitern zur Chefin von Ex-Formel-1-Star und Neo-Formel-E-Fahrer Felipe Massa wird – und gegen das Team von ihrem Mann, dem Mercedes-Motorsport-Chef Toto Wolff, antritt.
Fährt nächstes Jahr Formel E und bekommt Toto Wolffs Ehefrau Susi als Chefin: Felipe Massa (hier in Zürich mit Naomi Campbell).
Zürich ware lange ein sehr enges Rennen, hier führt Jaguar-Fahrer Mitch Evans das Feld an.
Nelson Piquet Jr. in Action – im Interview spricht er über die Formel E und die Formel 1, seinen Vater und Niki Lauda. In Kürze auf motorprofi.at