GERALD ENZINGER ÜBER NYCK DE VRIES
Hamilton-Nachfolger? Das ist Nyck de Vries
Nyck de Vries ist der Man of the Race bei seinem Formel-1-Debüt in Monza! Er ersetzte bei Williams Alex Albon, der nach einer dringenden Blindarm-Operation ausfiel – und wurde Neunter... und das nahezu ohne Vorbereitung! Für De Vries, der noch am Pokertisch für die verbliebenen Plätze 2023 sitzt, wohl der Durchbruch. Der Formel-E-Weltmeister 2021 könnte am zweiten Bildungsweg doch noch fix den Sprung in die Formel 1 schaffen. Und dann über die Talente-Schmiede Williams zu Mercedes aufsteigen, um dort 2024 Rekordweltmeister Lewis Hamilton zu beerben. Daher die Frage: Wer ist Nyck de Vries?
11.09.2022Fotos: Canal +, ABB Formula E, Formel 2, Williams, Aston Martin, Red Bull Contentpool, Susie Wolff Instagram.
NYCK DE VRIES. Merken Sie sich diesen Namen!
Einer, der am Karriere-Ende seiner Generation, also eines sehr fernen Tages, vielleicht in einem Atemzug mit Max Verstappen, Charles Leclerc, George Russell, Lando Norris genannt werden wird, als Teil einer Goldenen Generation des Rennsports, zu der auch Alex Albon, Pierre Gasly und – allerdings doch wesentlich jünger – Oscar Piastri gehören könnten.
Der begeisterte Arlberg-Urlauber Nyck de Vries hat heuer das Formel-E-Rennen in Berlin gewonnen, nun durfte er bei Williams Alex Albon (Blindarm-OP) ersetzen. Am Freitag hatte er im Training noch einen Aston Martin gelenkt. Samstag war er nach nur 30 Minuten Üben in FP3 in Q1 schneller als sein erfahrener Teamkollege Latifi, er kam im Gegensatz zu Latifi in Q2 – und startete, Dank diverser Strafen für andere Piloten, Sonntag aus der vierten (!) Reihe. Und das obwohl De Vries erst im Laufe des Vormittags während eines VIP-Clubs-Auftritts bei Mercedes von seinem Einsatz erfahren hatte, er ein für einen Rennfahrer viel zu üppiges Frühstück in sich hatte.
Doch er machte seine Sache gut – von Startplatz 8 aus wurde er Neunter (!) im Rennen. Damit punktete er seinem allerersten Grand Prix unter schwierigsten Umständen. Und er wurde zum "Man of the Race" gewählt.
Der perfekte Einstand, wie er nur ganz Großen gelingt.
Damit könnte er spätestens 2023 einen Fixplatz bei Williams bekommen – oder bei einem Team wie Alpine, das ja auch noch einen Fahrer braucht.
Kommt es dazu, dann übernimmt er zugleich die Thronfolge um den begehrtesten Platz in der Formel 1.
Denn sollte Lewis Hamilton seinen Vertrag nicht mehr verlängern, dann würde Toto Wolff ab 2024 einen neuen Mann an der Seite von George Russell brauchen. Und am ersten Blick gibt es einen logischen und auch einen rationalen Nachfolger dafür. Logisch wäre es, um viel Geld den größten Superstar der Zukunft, der an kein ganz großes Team gebunden ist, zu holen: Lando Norris.
Doch das kostet richtig Kohle und könnte zu einem explosiven Duo zweier englischer Wunderkinder führen.
Oder aber Wolff macht sich seinen Star erneut selbst – wie bei George Russell. Und schickt ihn als Mercedes-Schüler zu Williams in die Ausbildung.
Der Name ist ein ín der Szene guter Bekannter: Nyck de Vries. Der Mann, der ähnlich alt ist wie aktuellen jungen Superstars, der die Formel 2 als Meister beendete, die Formel E als Weltmeister in seiner ersten (!) Saison gewann, und der etwa in der Formel Alpine Renault 2014 im Showdown gegen einen gewissen Charles Leclerc gewonnen hat. Und der heuer neben der Formel E auch in der ELMS und WEC unterwegs ist und zudem Ersatzfahrer bei Toyota ist.
Nyck de Vries war lange ein potenzieller Superstar – jetzt kann er ein echter werden, wenn er die Chance Williams nutzen kann.
Denn die größte Chance auf die Formel 1 ist zugleich, paradoxerweise, wohl auch seine letzte. Wie das eben so ist in einer Formel 1, in der einzahlende Paydriver a la Latifi oder Stroll zu viele gute Plätze blockieren.
Aber wer genau ist Nyck de Vries – und was macht ihn besonders?
Nyck de Vries ist Holländer und das ist ein Problem. Denn so sensationell er im Kart unterwegs war, er wurde 2010 und 201 Weltmeister: 2014 zog der um zwei Jahre jüngere Landsmann Max Verstappen mit Top-Speed an ihm vorbei und in die Formel 1. Mit seiner Orange Army sammelte Max in Rekordzeit nahezu alle Fans ein, De Vries geriet in den Schatten.
Nycks Karriere war viel, viel langsamer. Wir notieren: Formel Renault 2.0 Europacup (5.), Nordeuropäische Formel Renault (10.), Renault 2.0 Eurocup (5.), Alpine Formel Renault (8.). Dann aber, zeitgleich mit Verstappens Aufstieg zu Red Bull: Meister der Alpine Formel Renault (gegen Leclerc), Meister des Formel Renault Europacup 2.0 (ganz glatt mit 254:124 Punkten vor dem jetzigen DTM-Piloten Dennis Olsen), 2015 Dritter in der Worldseries.
Und bis dahin reden wir ausschließlich über Serien, die Verstappen gar nie fahren musste.
2016 der Aufstieg in die GP3, aber eine schmerzliche teaminterne Niederlage gegen Leclerc – der wurde Meister, De Vries Sechster.
Ab 2017 war De Vries dann in der Formel 2 unterwegs – als Siebenter, Vierter und im dritten Jahr als Meister (kurioserweise genau vor Latifi – Mick Schumacher wurde in dieser Saison 13.) In der Formel 2 fuhr er auch kurz für das Team von Racing Engineering, in dem die Kärntnerin Ines Koschutnig sein "Boss" war.
Doch im Gegensatz zu Vorgängern wie Leclerc oder Russell hatte De Vries kein Angebot für die Formel 1. Am Ende musste er froh sein, in die Formel E zu kommen, wo sich Toto Wolff um das Talent kümmerte. Und das mit Erfolg: De Vries wurde im Mercedes-Werksteam 2020/21 der erste Weltmeister der Formel E überhaupt. Daher versuchte Wolff schon im Herbst 2021, De Vries doch noch in der Formel 1 unterzubringen – doch Leihgeschäfte mit Williams (die nahmen den erfahreneren Albon mit Red-Bull-Geld) oder Alfa (die setzten auf die China-Kohle von Guanyu Zhou) scheiterten.
Doch nun scheint es Wolff noch einmal wissen wollen – er will De Vries in der Formel 1 sehen. Der Erfolg von Russell, Norris, Leclerc und Co. zeigt: in der Formel 1 ist jünger fast immer besser. Und das De Vries nun mitten in den Vorbereitungen für das Formel-1-Training in Barcelona noch in Berlin das Formel-E-Rennen gewann, zeigt, wie konzentriert der mittlerweile 27-Jährige arbeitet. So wie er das auch als Simulator-Testfahrer für Mercedes in der Formel 1 macht.
Wenn er eines Tages tatsächlich ausgerechnet Lewis Hamilton beerben würde, hätte das eine gewisse Pikanterie. Denn als Anthony Hamilton sich im Jahr 2009 vorübergehend mit seinem Sohn zerstritten hatte, managte er kurz selber zwei Fahrer: Paul di Resta und ....ein Kart-Talent namens Nyck de Vries.
Nun kann De Vries zeigen, was er kann. Eine längst verdiente Chance.
Anmerkung: Die Orginal-Version dieser Geschichte erschien erstmals im Mai 2022. Aus aktuellen Gründen und mit einem Update rücken wir sie hiermit noch einmal in den Blickpunkt.
Einer, der am Karriere-Ende seiner Generation, also eines sehr fernen Tages, vielleicht in einem Atemzug mit Max Verstappen, Charles Leclerc, George Russell, Lando Norris genannt werden wird, als Teil einer Goldenen Generation des Rennsports, zu der auch Alex Albon, Pierre Gasly und – allerdings doch wesentlich jünger – Oscar Piastri gehören könnten.
Der begeisterte Arlberg-Urlauber Nyck de Vries hat heuer das Formel-E-Rennen in Berlin gewonnen, nun durfte er bei Williams Alex Albon (Blindarm-OP) ersetzen. Am Freitag hatte er im Training noch einen Aston Martin gelenkt. Samstag war er nach nur 30 Minuten Üben in FP3 in Q1 schneller als sein erfahrener Teamkollege Latifi, er kam im Gegensatz zu Latifi in Q2 – und startete, Dank diverser Strafen für andere Piloten, Sonntag aus der vierten (!) Reihe. Und das obwohl De Vries erst im Laufe des Vormittags während eines VIP-Clubs-Auftritts bei Mercedes von seinem Einsatz erfahren hatte, er ein für einen Rennfahrer viel zu üppiges Frühstück in sich hatte.
Doch er machte seine Sache gut – von Startplatz 8 aus wurde er Neunter (!) im Rennen. Damit punktete er seinem allerersten Grand Prix unter schwierigsten Umständen. Und er wurde zum "Man of the Race" gewählt.
Der perfekte Einstand, wie er nur ganz Großen gelingt.
Damit könnte er spätestens 2023 einen Fixplatz bei Williams bekommen – oder bei einem Team wie Alpine, das ja auch noch einen Fahrer braucht.
Kommt es dazu, dann übernimmt er zugleich die Thronfolge um den begehrtesten Platz in der Formel 1.
Denn sollte Lewis Hamilton seinen Vertrag nicht mehr verlängern, dann würde Toto Wolff ab 2024 einen neuen Mann an der Seite von George Russell brauchen. Und am ersten Blick gibt es einen logischen und auch einen rationalen Nachfolger dafür. Logisch wäre es, um viel Geld den größten Superstar der Zukunft, der an kein ganz großes Team gebunden ist, zu holen: Lando Norris.
Doch das kostet richtig Kohle und könnte zu einem explosiven Duo zweier englischer Wunderkinder führen.
Oder aber Wolff macht sich seinen Star erneut selbst – wie bei George Russell. Und schickt ihn als Mercedes-Schüler zu Williams in die Ausbildung.
Der Name ist ein ín der Szene guter Bekannter: Nyck de Vries. Der Mann, der ähnlich alt ist wie aktuellen jungen Superstars, der die Formel 2 als Meister beendete, die Formel E als Weltmeister in seiner ersten (!) Saison gewann, und der etwa in der Formel Alpine Renault 2014 im Showdown gegen einen gewissen Charles Leclerc gewonnen hat. Und der heuer neben der Formel E auch in der ELMS und WEC unterwegs ist und zudem Ersatzfahrer bei Toyota ist.
Nyck de Vries war lange ein potenzieller Superstar – jetzt kann er ein echter werden, wenn er die Chance Williams nutzen kann.
Denn die größte Chance auf die Formel 1 ist zugleich, paradoxerweise, wohl auch seine letzte. Wie das eben so ist in einer Formel 1, in der einzahlende Paydriver a la Latifi oder Stroll zu viele gute Plätze blockieren.
Aber wer genau ist Nyck de Vries – und was macht ihn besonders?
Nyck de Vries ist Holländer und das ist ein Problem. Denn so sensationell er im Kart unterwegs war, er wurde 2010 und 201 Weltmeister: 2014 zog der um zwei Jahre jüngere Landsmann Max Verstappen mit Top-Speed an ihm vorbei und in die Formel 1. Mit seiner Orange Army sammelte Max in Rekordzeit nahezu alle Fans ein, De Vries geriet in den Schatten.
Nycks Karriere war viel, viel langsamer. Wir notieren: Formel Renault 2.0 Europacup (5.), Nordeuropäische Formel Renault (10.), Renault 2.0 Eurocup (5.), Alpine Formel Renault (8.). Dann aber, zeitgleich mit Verstappens Aufstieg zu Red Bull: Meister der Alpine Formel Renault (gegen Leclerc), Meister des Formel Renault Europacup 2.0 (ganz glatt mit 254:124 Punkten vor dem jetzigen DTM-Piloten Dennis Olsen), 2015 Dritter in der Worldseries.
Und bis dahin reden wir ausschließlich über Serien, die Verstappen gar nie fahren musste.
2016 der Aufstieg in die GP3, aber eine schmerzliche teaminterne Niederlage gegen Leclerc – der wurde Meister, De Vries Sechster.
Ab 2017 war De Vries dann in der Formel 2 unterwegs – als Siebenter, Vierter und im dritten Jahr als Meister (kurioserweise genau vor Latifi – Mick Schumacher wurde in dieser Saison 13.) In der Formel 2 fuhr er auch kurz für das Team von Racing Engineering, in dem die Kärntnerin Ines Koschutnig sein "Boss" war.
Doch im Gegensatz zu Vorgängern wie Leclerc oder Russell hatte De Vries kein Angebot für die Formel 1. Am Ende musste er froh sein, in die Formel E zu kommen, wo sich Toto Wolff um das Talent kümmerte. Und das mit Erfolg: De Vries wurde im Mercedes-Werksteam 2020/21 der erste Weltmeister der Formel E überhaupt. Daher versuchte Wolff schon im Herbst 2021, De Vries doch noch in der Formel 1 unterzubringen – doch Leihgeschäfte mit Williams (die nahmen den erfahreneren Albon mit Red-Bull-Geld) oder Alfa (die setzten auf die China-Kohle von Guanyu Zhou) scheiterten.
Doch nun scheint es Wolff noch einmal wissen wollen – er will De Vries in der Formel 1 sehen. Der Erfolg von Russell, Norris, Leclerc und Co. zeigt: in der Formel 1 ist jünger fast immer besser. Und das De Vries nun mitten in den Vorbereitungen für das Formel-1-Training in Barcelona noch in Berlin das Formel-E-Rennen gewann, zeigt, wie konzentriert der mittlerweile 27-Jährige arbeitet. So wie er das auch als Simulator-Testfahrer für Mercedes in der Formel 1 macht.
Wenn er eines Tages tatsächlich ausgerechnet Lewis Hamilton beerben würde, hätte das eine gewisse Pikanterie. Denn als Anthony Hamilton sich im Jahr 2009 vorübergehend mit seinem Sohn zerstritten hatte, managte er kurz selber zwei Fahrer: Paul di Resta und ....ein Kart-Talent namens Nyck de Vries.
Nun kann De Vries zeigen, was er kann. Eine längst verdiente Chance.
Anmerkung: Die Orginal-Version dieser Geschichte erschien erstmals im Mai 2022. Aus aktuellen Gründen und mit einem Update rücken wir sie hiermit noch einmal in den Blickpunkt.
Glückwünsche: Hamilton gratuliert Nyck de Vries – der vielleicht eines Tages sein Nachfolger werden könnte.
Normalerweise verbringt er die Formel-1-Rennen in der Mercedes-Box, direkt neben Toto Wolff und Mercedes-Pressesprecher Bradley Lord. Doch seit Samstag in Monza ist Nyck de Vries in der Williams-Box wie zu Hause.
Freitag hatte Nyck de Vries noch das Training für Aston Martin bestritten – seit Samstag Mittag sitzt er in Monza plötzlich im Williams.
Eben noch in Grün: Nyck de Vries als Aston-Martin-Testfahrer, der nun als Willams-Einsatzpilot in Monza an den Start gehen wird.
In Barcelona nahm De Vries heuer erstmals an einem Training teil. Für Williams. Barcelona und Williams? Vor zehn Jahren gewann hier Pastor Maldondo das bislang letzte Rennen für das Traditionsteam. Toto Wolff war der operative Teamchef, Susie Wolff (hier im Bild mit ihrem Mann und mit motorprofis-Autor Gerald Enzinger) erinnerte sich am Jahrestag sehr gerne daran. Nun kann Williams hier wieder Geschichte schreiben – mit Nyck de Vries.
Nyck de Vries, der erste offizielle Weltmeister der Formel E – und ...
...der bislang letzte Sieger der Formel E. Nyck de Vries gewann am Sonntag in Berlin das zweite Rennen. Das erste am Samstag hatte Susie-Wolff-Pilot Mortara gewonnen.
Spielberg 2016, GP3. Albon und Leclerc sind in der Formel 1 längst etabliert – De Vries (rechts, damals Dritter) könnte nun folgen.
Immer mehr im Bild: Nyck de Vries, hier mit seinem Formel-E-Teamchef Ian James.
Quick Nyck: Die Karriere des zweiten fliegenden Holländers startet gerade richtig durch.
Erfolg: Nyck de Vries als Formel-2-Meister.
Eine imposante Erscheinung: Nyck de Vries, bislang Mercedes-Werksfahrer in der Formel E. Mit Blick auf die Formel 1.
Das Ende eines historischen Tages: Lewis Hamilton und Nyck de Vries würdigen sich aufrichtig.