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ERSTER TEST: KIA PROCEED

ERSTER TEST: KIA PROCEED

Sieg gegen Stuttgart

Mit seinem Design bringt Kia das von Mercedes eingeführte Shooting-Brake-Konzept auf ein neues Level. Auch Platzangebot und Kurventechnik überraschen ernsthaft. So muss man auf den SUV-Boom antworten.
Der ProCeed ist kein klassischer Kombi, sondern ein Shooting Brake. Was ist der Unterschied?
Als Shooting Brake bezeichnet man einen Kombi mit deutlich flacherer Dachlinie und deutlich schräg gestelltem Heck. Der Nutzwert von fünf Türen und größerem Laderaum mischt sich mit den Designelementen eines Coupés.
Kia baut mit dem Ceed SW weiterhin eine klassische Kombiversion seines Kompakten, der neue ProCeed ist also ein zusätzliches Angebot für Sportler und Designfans. Bisher nahm diese Rolle der dreitürige – und damit weit weniger praktische – pro_cee'd ein.
 
Woher kommt der Begriff Shooting Brake?
Shooting Brakes gab in den 1960er-Jahren zunächst als dreitürige Varianten. Reiche Engländer ließen ihre Sportwagen mit einem Kombiheck ausstatten, um sie zur Jagd mitnehmen zu können. Neuauflagen des Konzepts wie BMW Z3 Coupe, Volvo C30, Ferrari FF und Alfa Romeo Brera waren in der jüngeren Vergangenheit nur mäßig erfolgreich.
Erst als Mercedes mit dem CLA Shooting Brake eine fünftürige Variante brachte, griffen die Kunden richtig zu. Mit dem Kia ProCeed bekommt der kompakte Stuttgarter jetzt erstmals direkte Konkurrenz.
Indes bleibt Shooting Brake als Konzept etwas Besonderes, einzig in der 100.000-Euro-Klasse gibt es mit dem Panamera Sport Turismo noch ein weiteres aktuelles Modell.
Die Front ist dem Ceed ähnlich, der Gesamteindruck aber ein völlig anderer.Die Front ist dem Ceed ähnlich, der Gesamteindruck aber ein völlig anderer.
Das Design steht im Mittelpunkt. Wie gut schaut der ProCeed tatsächlich aus?
Mit seinem Design bringt Kia das von Mercedes in die Kompaktklasse eingeführte Shooting-Brake-Konzept auf ein neues Level – ein Sieg gegen Stuttgart, so fair müssen auch die Schwaben sein, die natürlich mit einer Neuauflage zurückschlagen werden. Aber leicht wird das nicht, denn Kia ist ein grandioser Rücken gelungen…

Was zeichnet das ProCeed-Heck aus?
Das mit 1,42 Metern flachste Fahrzeug der Kompaktklasse lässt seine Dachlinie durch die extrem schräg gestellte Heckscheibe besonders dynamisch nach hinten abfallen. Die C-Säule steht nicht, sondern liegt fast. Zu den Seiten hin ist das Hinterteil wunderbar gerundet und wirkt durch die schmalen Lichter mit horizontaler Verbindung dennoch schlank. Besser kann man es fast nicht machen.
Das perfekte Hinterteil: Extrem schräg gestellt Heckscheibe, wunderbare Rundungen, cooles Lichtband.Das perfekte Hinterteil: Extrem schräg gestellt Heckscheibe, wunderbare Rundungen, cooles Lichtband.
Aber ist das Auto auch praktisch? Wie viel Raum muss man für das Design opfern?
Erstaunlich wenig, eigentlich wird es nur beim Kopfraum im Fond etwas enger. Beim Basis-Kofferraumvolumen liegt der ProCeed gerade mal 31 Liter hinter dem klassischen Kombi Ceed SW (594 zu 625 l, inkl. aller Unterbodenfächer gerechnet). Beim maximalen Ladevolumen sind es knapp 100 Liter Unterschied (1.545 zu 1.642 l). Wobei der Ceed SW eine anspruchsvolle Referenz ist, er hat aktuell den größten Laderaum seiner Klasse. Ein kleiner Vorteil des klassichen Kombis gegenüber dem Shooting Brake bleibt natürlich die ebene Ladekante.
Den CLA-Basis-Kofferraum überbietet der ProCeed um 99 Liter, den Maximalwert des Deutschen um 191 Liter, trotz etwas weniger Außenlänge und größerem Fond-Fußraum beim Kia. Hinzu kommt eine aus dem Ceed SW übernommene Detailliebe, die an Besessenheit grenzt: Fernentriegelung für die Fondlehnen, Staufach für die Laderaumabdeckung, Hacken, Ösen, Schienen, Netze und so weiter. Ein echter Laderaum-Streber.
Zusammengefasst: Nach dem Sieg beim Design kann der Ceed also auch das Nutzwert-Match gegen den CLA für sich entscheiden.
 
Was lässt sich über das Cockpit sagen?
Verkehrte Autowelt. Mercedes macht sicherlich die futuristischeren Cockpits, der Kia ist konservativer gestaltet – aber eben auch extrem klar, übersichtlich und leicht zu bedienen. Bei Multimedia und Bedienkomfort hat sich Kia zu einer Benchmark entwickelt. Fad ist das ProCeed-Cockpit aber nicht, in der GT-Line-Variante stechen zum Beispiel die coolen Sitzbezüge heraus, in der GT-Variante die vielen roten Farbakzente.
Innen ist Kia konservativer als Mercedes, dass heißt aber auch – besonders klar, übersichtlich und leicht zu bedienen.Innen ist Kia konservativer als Mercedes, dass heißt aber auch – besonders klar, übersichtlich und leicht zu bedienen.
Sportsitze mit roten Farbakzenten in der GT-Topversion.Sportsitze mit roten Farbakzenten in der GT-Topversion.
Automatik oder Handschalter? Hier reine Geschmackssache.Automatik oder Handschalter? Hier reine Geschmackssache.
Erstaunlich: das Ladevolumen ist kaum kleiner als beim klassichen Kombi, auch die Details sind ähnlich streberhaft.Erstaunlich: das Ladevolumen ist kaum kleiner als beim klassichen Kombi, auch die Details sind ähnlich streberhaft.
Der ProCeed-Auftritt ist dynamisch. Trifft das auch auf den Fahreindruck zu?
Die neue Ceed-Generation hat fahrtechnisch einen enormen Schritt gemacht, das haben schon Fünftürer und Kombi gezeigt: Das straffere Fahrwerk, die steifere Karosserie und die präzisere Lenkung sorgen für flottes, unterhaltsames Handling. Der ProCeed hat noch etwas mehr von dieser sportlichen Note – man merkt, dass an den zentralen Stellen ein wenig nachgetunt wurde. Speziell in der 204-PS-Variante trifft das übrigens auch auf den Sound zu.
 
Wie weit geht der neue Kia-Sportsgeist beim ProCeed?
Wir haben mit der 204-PS-Topversion einige Runden auf der technisch anspruchsvollen Castelloli-Rennstrecke nahe Barcelona gedreht. Der ProCeed ließ sich präzise einlenken und bleibt in den schnellen Kurven sehr stabil, auf den teilweise ziemlich steilen Anstiegen ließ er keine Leistung vermissen.
Trotzdem ist der Sportsgeist wohldosiert und der ProCeed kein Sportwagen. Er fühlt sich dem Komfort verpflichtet, soll heißen: die Abstimmung ist etwas straffer als der Kompaktlasse-Schnitt, aber keinesfalls nervig. Im Gegenteil, auf der Autobahn gleitet der ProCeed gut, die Innengeräusche sind (wie schon beim Ceed SW) auffallend niedrig, der Verbrauch pendelt im Siebener-Bereich.
Wenn Sie uns fragen, ob Sie Schaltgetriebe oder (Doppelkupplungs-)Automatik nehmen sollen? Das Doppelkupplungsgetriebe zwickt nichts von der Fahrdynamik weg und erhöht den Verbrauch nicht, ist also erste Wahl. Speziell den Sportlern gefällt der Handschalter aber weiterhin sehr.
Die neue Ceed-Generation steht für flottes Handling. Der ProCeed hat noch etwas mehr von dieser sportlichen Note.Die neue Ceed-Generation steht für flottes Handling. Der ProCeed hat noch etwas mehr von dieser sportlichen Note.
Die Motorpalette umfasst neben dem 1,6-Turbo-Benziner mit 204 PS noch einen 1,4-Turbo mit 140 PS und einen 1,6-Diesel mit 136 PS. Fallen diese zwei Motoren gegenüber der Topversion ab?
Nicht entscheidend. Speziell der 140-PS-Benziner macht nach einer kleinen Nachdenkpause ordentlich Druck. Der Diesel ist sehr gute Ware, er beschleunigt kraftvoll-kultiviert und klingt ebenso. Alle Motoren entsprechen der strengsten Abgasnorm (EURO 6d TEMP).
 
Was muss man noch über den ProCeed wissen?
Es handelt sich um ein sehr deutsches Auto. Seine geistigen Väter waren früher in führenden Rollen bei deutschen Premiummarken: Designer Peter Schreyer kam schon 2006 von VW-Audi, der für die Sportmodelle zuständige Albert Biermann wechselte 2015 von der BMW M GmbH. Kia macht auch die Entwicklung komplett in Deutschland und produziert in der Slowakei.
Schöne Rundung, schmale Lichter mit horizontaler Verbindung – besser kann man es fast nicht machen.Schöne Rundung, schmale Lichter mit horizontaler Verbindung – besser kann man es fast nicht machen.
Der ProCeed setzt auf Michelin Sport-Reifen, hier im 18-Zoll-Format.Der ProCeed setzt auf Michelin Sport-Reifen, hier im 18-Zoll-Format.
Der GT (204 PS) hebt sich vom GT Line (136/140 PS) durch rote Akzente ab.Der GT (204 PS) hebt sich vom GT Line (136/140 PS) durch rote Akzente ab.
Die rot-schwarzen Schweller sind der Topversion „GTDie rot-schwarzen Schweller sind der Topversion „GT" vorbehalten, die spektakuläre Dachlinie ist serienmäßig.
Wie schaut es mit Garantie und Preisen aus?
Kia gibt weiter sieben Jahre Garantie, einzigartig in der Branche. Die Preise sind freilich längst keine Sonderangebote mehr, sondern durchaus selbstbewusst: Bei 33.090 Euro für den 140-PS-Benziner geht es los, der 136-PS-Diesel kostet 35.190 Euro, die 204-PS-Topversion 39.990 Euro. Ausstattungsseitig gibt es dafür keine Varianten, sondern einmal alles, in der 204-PS-Version noch ein paar sportliche Schmankerl mehr. Im Vergleich mit dem CLA ist das dann wieder günstig.
Und Kia legt nach: Österreich-Editionen gibt es derzeit in Aktion ab 26.890 Euro.
 
Das Fazit?
Der ProCeed bringt das vom Mercedes CLA in die Kompaktklasse eingeführte Shooting-Brake-Konzept bei Design und Nutzwert auf ein neues Level. Auch die Fahrdynamik überrascht. Das Cockpit ist vergleichsweise konservativ, was aber auch Vorteile hat. Ein glatter Sieg gegen Stuttgart ist ein Grund zum Feiern. Dass hier eine überzeugende Antwort auf den SUV-Boom – ähnlicher Nutzwert, ähnlicher Preis, cooleres Design – gegeben wird, ebenfalls.
Starker Abgang: Dass der ProCeed das vom CLA in die Kompaktklasse eingeführte Shooting-Brake-Konzept bei Design UND Nutzwert auf ein neues Level hebt, beeindruckt.Starker Abgang: Dass der ProCeed das vom CLA in die Kompaktklasse eingeführte Shooting-Brake-Konzept bei Design UND Nutzwert auf ein neues Level hebt, beeindruckt.

DATEN & FAKTEN

Kia ProCeed

(Jänner 2018)

Preis

140-PS-Benziner 33.090 Euro, 136-PS-Diesel 35.190 Euro, 204-PS-Benziner 39.990 Euro. Österreich-Editionen derzeit in Aktion ab 26.890 Euro.

Antrieb

1,4 T-GDI/140 PS, 1,6 T-GDI/204 PS, 1,6 CRDI/136 PS; alle Motoren mit 6-Gang-Schaltgetriebe oder 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe; alle Motoren nach EURO 6d TEMP zertifiziert

Abmessungen

Länge 4,60 m, Breite 1,80 m, Höhe 1,42 m; Kofferraum 594 – 1.545 l

Gewicht

Leergewicht 1.303 – 1.496 kg

Fahrwerte

0 – 100 km/h je nach Motor 7,6 – 10,4 sec; Vmax je nach Motor 200 – 225 km/h; Normverbrauch je nach Motor 3,9 – 6,8 l

MOTORPROFIS WERTUNG

Fahrspass

8 Punkte

Vernunft

8 Punkte

Preis-Leistung

8 Punkte

Gesamturteil

9 Punkte
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