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ERSTER TEST: LAND ROVER DEFENDER 110 P400 & D240

ERSTER TEST: LAND ROVER DEFENDER 110 P400 & D240

Mein Tool ist cool

Wer ein praktisches Auto braucht, wird schwer was Lässigeres finden: Der neue Defender ist ein Luxus-Nutzfahrzeug mit fast sportlichem Fahrstil geworden. Die Design- und Ingenieursleistung ist brillant. Im ersten Test: Die Langversion 110 mit fünf und sieben Sitzen, die pragmatische S-Ausstattung, der starke Diesel und die 400-PS-Hybridversion.
Der neue Defender verwaltet ein großes Erbe…
Er hat die Marke zu dem gemacht, was sie ist. Über vier Jahrzehnte hieß das Auto ja auch einfach Land Rover, erst als 1989 mit dem Discovery eine zweite Baureihe startete, kam der Name Defender dazu.
 
Wie erneuert Land Rover nun seinen Markenkern?
Durch seine simple Technik war der Defender bei Abenteuern am Ende der Welt stets reparierbar, aber in der Zivilisation halt auch für viele unfahrbar. Durch einen radikalen Sprung ins 21. Jahrhundert kommen nun neue Zielgruppen ins Spiel: Familien, Sportler, Reiselustige, Hundebesitzer, Reiter und alle anderen, die viel Platz oder große Zugkraft brauchen. Nicht zuletzt auch Gewerbetreibende aller Art, denn der Defender kommt 2021 auch als Nutzfahrzeug mit bis zu drei Sitzen in der ersten Reihe und Ladefläche dahinter.
Der Wechsel von Leiterrahmen und Starrachsen zur selbsttragenden Karosserie mit Einzelradaufhängung rundum bedeutet zunächst einmal, dass der Defender die gleiche Grundkonstruktion wie ein SUV hat. Allerdings hat Land Rover die auch für andere Modelle eingesetzte D7-Plattform so nachhaltig zur D7x (x für extreme) weiterentwickelt, dass sie dreimal steifer als eine traditionelle Leiterrahmenkonstruktion ist und zehnmal steifer als normale SUVs.
Die Welt ändert sich und auch wenn das für die Abenteurer-Gruppe unter den Defender-Fahrern natürlich hart ist: Für die allermeisten Kunden – grob geschätzt 998 von 1000 – wird der neue Defender das bessere Auto sein. Das gilt auch für die vielen Märkte, in denen der Defender nun erstmals zu haben ist: USA, China, Russland und die arabischen Ländern.
 
Wie gut ist das Design gelungen?
Mit der nutzorientierten Simplifizierung aller Bereiche bildet der Defender einen Gegenpol zum Chichi der SUVs. Das ernsthaft pragmatische Design ist grundsympathisch und lässt vergessen, dass außen wie innen natürlich jede Menge Luxus eingeflochten wurde. Gutes Understatement ist selten geworden. Brillante Designleistung der Engländer.
Der Pragmatismus zeigt sich Außen zum Beispiel in den extrem kurzen Überhängen und der eckigen, fast waagrechten Motorhaube, beides wichtig im Gelände. Innen hebt sich der Defender mit sichtbar robusten Materialien und wirklich vielen Ablagen ab, ein Nutzfahrzeug hat auch nicht mehr Staufächer. Luxuriöse Elemente wie die vor allem hinten sehr speziellen LED-Lichter, die großen Felgen, das feine Leder, die modernen Multimediasysteme und das tolle Hifi-System sind zahlreich, treten aber nicht in den Vordergrund.
Mit der Simplifizierung aller Bereiche bildet der Defender einen Gegenpol zum Chichi der SUVs. Das ernsthaft pragmatische Design ist grundsympathisch…Mit der Simplifizierung aller Bereiche bildet der Defender einen Gegenpol zum Chichi der SUVs. Das ernsthaft pragmatische Design ist grundsympathisch…
…und lässt vergessen, dass außen wie innen natürlich jede Menge Luxus eingeflochten wurde. Gutes Understatement, brillante Designleistung der Engländer.…und lässt vergessen, dass außen wie innen natürlich jede Menge Luxus eingeflochten wurde. Gutes Understatement, brillante Designleistung der Engländer.
Wie fühlt sich der Defender an, wenn man drinnen sitzt?
Nicht wie ein SUV. Allein schon durch die noch mal deutlich höhere Sitzposition fühlt man sich in einem Auto, das auch arbeiten kann, nicht nur repräsentieren. Auch der Blick auf die gerade Motorhaube mit Riffelblechelementen und in die hochformatigen Außenspiegel hat was Erdiges – diese Elemente zitieren den alten Defender. Ein bisschen bemüht wirken nur die vielen offenen Schrauben im Innenraum, da hätten die robuste Optik und Ausführung ausgereicht.
Weil die Passagiere der ersten Reihe, wie bei einem Geländewagen üblich, recht weit außen sitzen, und der Defender zudem über zwei Meter breit ist, wirkt der Innenraum riesig. Mehr Abstand zum Nachbarn geht fast nicht. In der Mitte baut sich eine riesige Mittelkonsole auf, die im Fall des Testwagens eine bequeme überdimensionale Armauflage und darunter eine praktische Kühlbox für Getränke und Jause enthielt. Alternativ wird es zwei weitere Varianten geben: Mit klappbarem Jumpseat in der Mitte, also einem schmalen dritten Sitzplatz. Oder ganz ohne Mittelkonsole, damit man leichter im Auto herumsteigen kann.
Topaktuell ist die Multimediatechnik, deren neue Software nun schrittweise auch in die anderen Modellen der Marke eingeführt wird. Wie ein Tablet „lehnt“ der Bildschirm an der Mittelkonsole, auch Layout und Bedienlogik erinnern an die Smartphone-/Tablet-Welt. Wir sind im ersten Test gut zurechtgekommen, zumal der Defender schon ab dem zweiten von fünf Ausstattungslevels (S) nicht nur einen 10-Zoll-Touchscreen in der Mitte serienmäßig hat, sondern auch ein 12.3-Zoll-Instrumentendisplay. Dort kann man sich zum Beispiel die Navigationskarte großformatig direkt im Sichtfeld anzeigen lassen, was auf Reisen sehr praktisch ist. Herausheben muss man noch den wirklich großartigen Sound, neben der Audioanlage wirken sich da der große Innenraum und die steife Karosse wohl positiv aus.
 
Im ersten Test war mit „S“ die zweitniedrigste Ausstattung an Bord. Genügt das?
Es gibt fünf Ausstattungsstufen: Defender, S, SE, HSE und X. Überraschenderweise geht einem bei „S“ nichts Wesentliches ab. Der Sitzbezug, eine Mischung aus Leder und robustem Stoff, ist sogar sehr sympathisch, die dezente Dekoration passt auch gut zum Auto. Nur Details wie die manuelle Sitzhöhenverstellung könnten besser ausgeführt sein.
Natürlich kann man sich auch im Defender mit weichem, buntem Windsorleder und edlen Hölzern austoben, aber der Defender braucht das nicht. Ein simpleres Interieur, in dem die Kinder herumturnen können oder die schmutzige Sportkleidung reingeschmissen werden kann, fühlt sich hier fast passender an.
Innen hebt sich der Defender mit sichtbar robusten Materialien und wirklich vielen Ablagen ab, ein Nutzfahrzeug hat auch nicht mehr Staufächer.Innen hebt sich der Defender mit sichtbar robusten Materialien und wirklich vielen Ablagen ab, ein Nutzfahrzeug hat auch nicht mehr Staufächer.

Wie schaut es mit dem Platzangebot und der Variabilität aus?
Im ersten Test stand die fünftürige Langversion 110 zur Verfügung. Sie hat über 1000 Liter Kofferraumvolumen als Fünfsitzer und knapp 2.400 Liter bei umgelegten Fondsitzen, das ist GROSS! Zumal das Auto mit 4,75 Metern nicht übertrieben viel Parkraum braucht – zumindest wenn das dahinter parkende Auto niedrig ist, denn für das am Heckfenster montierte Reserverad muss man noch einmal 26 Zentimeter Länge hinzurechnen. Die Kofferraumöffnung ist keine Klappe, sondern eine seitlich öffnende Tür, das ist bei engen Parksituationen ebenfalls zu bedenken. Durch Dämpfer kann die Hecktür auch in Steigungen arretiert werden. Naturgemäß ist die Ladekante nicht wirklich niedrig, auf Knopfdruck kann sie aber etwas abgesenkt werden. Das Falten der Sitze erfordert ein bisschen Aufstieg ins hohe Auto, funktioniert dann unkompliziert und mit normalem Kraftaufwand.
In Reihe eins ist das Platzangebot enorm, zudem gibt es Staufächer wie in einem Nutzfahrzeug und rekordverdächtig viele USB-Anschlüsse. Die Passagiere in der zweiten Reihe haben ebenfalls sehr viel Platz, dazu gute Übersicht, viele Anschlüsse, eine eigene Klimasteuerung und integrierte Fußstützen. Besser geht es nicht.
Wir konnten auch die siebensitzige Varianten bereits probieren: Reihe drei ist in Sachen Einstiegskomfort und Beinfreiheit nur in Notfällen für Erwachsene zu empfehlen, aber Kinder und auch noch Teenager haben dort fast bequem Platz. Zumal es eigene Lüftungsdüsen, USB-Anschlüsse und durch das schmale seitliche Dachfenster auch viel Licht gibt.
 
Die große Frage ist: Wie fährt sich der neue Defender?
Super. Das Fahrwerk ist brillant, durch die extrem steife Karosserie, aber auch die gut gemachten Aufhängungen, ist der Defender fast ein Sportler. Die Lenkung bleibt im richtigen Maß entspannt, dennoch ist der Defender so definiert, so knackig, dass es richtig Spaß macht ihn zu fahren.
Ein paar Kurven? Da geben wir gerne Gas (natürlich muss man bedenken, dass das Auto einen hohen Aufbau hat, das merkt man aber erst, wenn man es wirklich übertreibt)! Eine schön geschwungene Autobahnauffahrt? Da werfen wir uns schwungvoll rein. Wer hätte gedacht, dass wir mit einem Defender mal mit 100 km/h auf die Autobahn KOMMEN, früher konnte man mit ihm dort kaum 100 km/h FAHREN. Jetzt gehen 200 km/h als wäre es das Normalste auf der Welt, das haben wir auf der deutschen Autobahn gleich ausprobiert. Der Komfort? Das Fahrwerk ist schon auf der knackigen Seite, aber auch nicht mehr als bei den meisten SUVs. Und die Innengeräusche auf der Autobahn sind niedrig, der Defender somit ein prädestiniertes Reiseauto. Auch weil die rollende Box beim genauen Hinschauen gar nicht so eckig ist wie man denkt, ein CW-Wert von 0,38 ist für so ein Auto erstaunlich niedrig. Das zeigt sich auch im Verbrauch, die Dieselvariante brauchte auf der Autobahn unter 8,5 Liter.

Der 240-PS-Diesel ist wie das Fahrwerk – knackig: Hängt gut am Gas, reagiert schnell und kraftvoll. Auch der raue, aber nicht aufdringliche Klang ist sportiv.Der 240-PS-Diesel ist wie das Fahrwerk – knackig: Hängt gut am Gas, reagiert schnell und kraftvoll. Auch der raue, aber nicht aufdringliche Klang ist sportiv.

Apropos Motorisierung. Welche soll man nehmen?
Wir konnten im ersten Test den D240 und den P400 probieren.
Der starke Zweiliter-Diesel mit 240 PS ist wie das Fahrwerk – knackig abgestimmt. Er hängt gut am Gas, reagiert schnell und kraftvoll. Auch der raue, aber nicht aufdringliche Klang ist sportiv. Das Zusammenspiel mit der Achtgang-Automatik klappt gut. Eine rundum gelungene Variante.
Noch lässiger ist, natürlich, der P400, die Topversion mit Reihensechszylinder-Benziner und Mild-Hybridtechnologie. Wer Verbrauchswerte, die mitunter spürbar über zehn Liter liegen, sowie eine Steuerlast, die einer großzügigen Sozialleistung an den Staat gleichkommt, finanziell akzeptieren kann, bekommt einen Traum-Antrieb, der atmosphärisch eine bisschen in Richtung Mercedes G500 geht. Der Motor schnurrt beim Gleiten und beißt beim Gasgeben. Großartig.
 
Wie schaut es mit Offroad-Fahreindrücken aus?
Beim Offroad-Fahren ist klar: das Auto kann viel mehr als fast alle Fahrer können. Es gibt neben dem permanenten Allrad eine Untersetzung und zwei mechanische Sperren. Böschungswinkel (38/40 Grad), Bodenfreiheit (45 Zentimeter), Achsverschränkung (50 Zentimeter) und Watttiefe (90 Zentimeter) sind im Konkurrenzvergleich top. Wir haben schwierige Stellen im Offroad-Park Wülfrath ausgesucht, aber da zuckt der Defender natürlich nicht mit der Wimper. Dass die Hardcore-Geländefahrer weiter einen Leiterrahmen bevorzugen würden, ist logisch, aber die Merheit profiziert klar von der neuen Offroad-Technik.
 
Wie schaut es mit dem Ziehen aus?
Anhänger haben wir noch nicht ausprobiert, aber Land Rover gibt bis zu 3.500 Kilo Anhängelast an. Für Pferd und Reiter, und vielleicht ja auch den Hund, steht übrigens eine Dusche im offiziellen Zubehörkatalog.

Wann ist der Österreich-Start? Zu welchen Preisen?
Der fünftürige Defender 110 startet im Juni, der dreitürige Defender 90 im September, die Commercial-Varianten im nächsten Jahr. Günstig wird es aber nicht: Wer einen richtig feinen Defender 110 D240 haben will, liegt bei rund 90.000 Euro, das zeigt die üppig ausgestattetet First Edition. Das gleiche Auto in der getesteten S-Ausstattung, die auch ausreichend ist, kommt auf 70.433 Euro. Einstiegspreise: D200 (Diesel, 200 PS) ab 59.065 Euro, D240 (Diesel, 240 PS) ab 64.101 Euro, P300 (Benziner, 300 PS) ab 66.300 Euro, P400 (Benziner, 400 PS) ab 77.177 PS.


Wie fällt das Fazit nach dem ersten Test mit dem neuen Defender aus?
Der Spagat, den das Auto macht, ist enorm: Der Defender vereint die 4x4-Fähigkeiten eines Geländewagens, den Pragmatismus eines Nutzfahrzeugs und den fast sportlichen Fahrstil eines SUVs. Wer ein praktisches Auto braucht, wird schwer was Lässigeres finden.

Die fünftürige Langversion 110 hat über 1000 Liter Kofferraumvolumen als Fünfsitzer und knapp 2.400 Liter bei umgelegten Fondsitzen, das ist GROSS!Die fünftürige Langversion 110 hat über 1000 Liter Kofferraumvolumen als Fünfsitzer und knapp 2.400 Liter bei umgelegten Fondsitzen, das ist GROSS!

DATEN & FAKTEN

Land Rover Defender 110

(Juni 2020)

Preis

Je nach Version 66.580 bis 122.626 Euro.

Antrieb

2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel mit 200 oder 240 PS. 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 300 PS. 3,0-Reihensechszylinder-Mildhybrid-Benziner mit 400 PS. Allradantrieb, 8-Gang-Automatikgetriebe.

Abmessungen

Länge: 4750 mm, inkl. Reserverad 5018 mm. Breite 2008 mm. Höhe 1967 mm. Laderaumvolumen 1.075 bis 2.380 Liter.

Gewicht

2.133 bis 2.193 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 2.910 bos 3.000 kg.

Fahrwerte

Beschleunigung 0-100 km/h: 6,0 sec (P400) bis 10,2 sec (D200). Höchstgeschwindigkeit 175 km/h (D200) bis 208 km/h (P400). Normverbrauch 8,8 l (D200) bis 11,0 l (P400).
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