Sitzprobe: MG5 Electric (2022)

Um wen geht es?
MG überrumpelt die etablierten Marken und bringt den ersten Kombi mit Elektroantrieb. Mit 4,60 Metern Länge und knapp 1.400 Litern Ladevolumen hat der MG5 ein ähnliches Format wie der Golf Variant. Die ehemals britische Marke MG Motor gehört heute zum chinesischen Autokonzern SAIC, der über Joint Ventures auch für VW und GM produziert. Lokal hat MG ebenfalls einen bekannten Partner, die Denzel Gruppe ist Generalimporteur von Hyundai und Mitsubishi. In Rekordzeit wurden 33 Händler engagiert, die 2021 bereits über 700 Autos verkauft haben und 2022 vier Modellreihen in den Schauräumen haben: MG5, Marvel R und ZS fahren rein elektrisch, der EHS ist ein Plug-in-Hybrid. Bis Jahresende kommt ein nochmals günstigeres Kompaktmodell dazu, das es auch mit Allradantrieb geben wird. Ein Sportwagen soll 2024 zum 100-jährigen Markenjubiläum folgen.

Ab wann und zu welchen Preisen wird der MG5 ausgeliefert?
Die ersten Autos treffen im Mai bei den Händlern ein, im Zeitraum August/September erwartet der Importeur volle Verfügbarkeit. Das Bestellsystem ist bereits offen und die Tarife sind ziemlich attraktiv: Listenpreise von 35.390 bis 39.990 Euro bedeuten Kunden-Endpreise von 29.990 bis 34.590 Euro – nachdem über die Elektroauto-Förderung auch 2022 insgesamt 5.400 Euro abgezogen werden können. Dass das Modell mit großer Batterie und Vollausstattung (MG5 Long Range Luxury) dadurch weniger als 35 Euro-Tausender kostet, ist eine Ansage. Aber auch das Einstiegsmodell (MG Standard Range Comfort) ist kein Lockangebot, sondern eigentlich fertig ausgestattet – unter anderem sind Alufelgen, Klimaanlage, digitaler Instrumentencluster, Touchscreen, Navi, LED-Licht, Rückfahrkamera und ein adaptiver Tempomat immer dabei.

Wir schaut es mit Garantie und Sicherheit aus?
Vertrauen schaffen sieben Jahre Garantie – mehr als bei fast allen anderen Herstellern. Bei den Airbags und elektronischen Sicherheitsassistenten ist MG5 auf dem Niveau der etablierten Marken. Ein NCAP-Crashtest-Ergebnis gibt es für den MG5 noch nicht, der ZS EV schaffte aber die Höchstwertung von fünf Sternen.
 
Wie ist der optische Eindruck nach der ersten Begegnung?
Der MG5 schaut wie ein normaler Kompaktklasse-Kombi aus – mit klassenüblichen Proportionen, eher dezentem Styling und solider Verarbeitung. Vorne macht die geschlossene Front den Elektroantrieb deutlich, ein schmaler Schlitz unten und dreieckige Lufteinlässe an den Seiten genügen dem Kombi. Die schmalen Lichter sind über eine schwarze Leiste mit dünnen Chromstreifen verbunden. Dass keine sportlich-niedrige Silhouette herauskommen kann, wenn man für praktisch veranlagte Autofahrer plant und im Boden die Batterien unterbringen muss, ist logisch – mit 1,54 Metern baut der MG5 etwas höher als Verbrenner-Kombis dieser Klasse. Das Heck ist oben leicht gerundet und mündet unten in einen sportiven Stoßfänger, die schicken LED-Rücklichtern sind ein Eyecatcher. Insgesamt setzten die MG-Designer auf durchwegs klare Linien ohne Chichi, tun also das Richtige.

Überzeugt der Innenraum beim Probesitzen?
Die verwendeten Kunststoffe greifen sich ordentlich an, sind von klassenüblicher Qualität und wirken im von MG gezeigten Vorserienmodell solide verarbeitet. Das Armaturenbrett mit gepolstertem Kunstlederbezug und LED-Beleuchtung ist ein Highlight. Nur der Hebel für die Sitzverstellung wirkt zu filigran.
Das Design prägen glatte Flächen ohne Sperenzchen, es schaut im MG5 also sehr aufgeräumt und modern aus. Statt Rundinstrumenten hat der MG5 einen digitalen 7-Zoll-Instrumentencluster, über den sich Informationen großflächig einblenden lassen. Die Lenkradfernbedienung hat noch klassische Knöpfe, sonst ist praktisch immer der moderne und in guter Höhe plazierte 10,25-Zoll-Touchscreen im Spiel, eine gewisse Affinität für Digitalisierung schadet also nicht. Wie gut die Bedienung in der Praxis funktioniert, werden ausführlichere Tests zeigen, der erste Eindruck ist ähnlich wie beim neuen ZS EV, den Motorprofis.at kürzlich getestet hat: Dort war das Multimediasystem zwar nicht bis ins Detail fehlerfrei übersetzt, konnte aber insgesamt durch schnelle Reaktionszeiten und saubere Gliederung überzeugen.
 
Wie viel Platz gibt es für Passagiere und Gepäck?
Die Sitzpolsterung wirkt solide und eher auf der weichen Seite, das Platzangebot ist in beiden Reihen ordentlich. Wie bei den meisten Elektroautos ist die Sitzhöhe (aufgrund der Batterien im Unterboden) nur durchschnittlich, große Fahrer und Mitfahrer müssen die Füße also etwas mehr anwinkeln.
Der entscheidende Punkt: Kompaktklasse-Kombis bieten für ihre Größe viel Stauraum, und der MG5 ist da keine Ausnahme. Wer ohne Umlegen der Rücksitzlehnen fast 500 Liter zur Verfügung hat, wird Kind und Kegel im Normallfall entspannt unterbringen. Der Ladeboden kann in zwei Höhen arretiert werden, wobei jeweils eine Ladekante bleibt. Sowohl der stabile Kofferraumboden als auch die sauber geschiente Kofferraumabdeckung machen einen hochwertigen Eindruck, eine Beleuchtung für das Ladeabteil ist ebenfalls vorhanden. 
Das maximale Kofferraumvolumen beträgt 1.367 Liter und damit nicht viel weniger als bei bekannten Kompaktklasse-Kombis mit Verbrennungsmotor. Bei umgelegten Fondlehnen steigt der Kofferraum hinten etwas an, lässt sich aber dennoch gut beladen. Durch die Anhängelast von 500 Kilo, die Stützlast von 50 Kilo und die Dachlast von 75 Kilo kann der MG auch mit Anhängern, Fahrradträgern und Dachboxen umgehen. Gut 450 Kilo können insgesamt zugeladen werden.

Was bietet der MG5 technisch?
Es gibt zwei Varianten, die auf unterschiedlichen Batterien aufbauen:
Der MG5 Long Range hat eine NMC-Batterie (Lithium Nickel Manganese Cobalt) mit 61,1 kWh Kapazität, die Reichweite nach WLTP-Messung wird je nach Ausstattungsvariante mit 380 bis 400 Kilometern angegeben – eine tatsächliche Reichweite werden Praxistests zeigen, beim letzten MG-Test von Motorprofis.at mit dem ZS EV erwiesen sich die Angaben aber als sehr realitätsnah. Der Elektromotor des „Long Range“ mobilisiert 156 PS sowie 260 Newtonmetern Maximaldrehmoment.
Der MG5 Standard Range hat eine LFP-Batterie (Lithium Iron Phosphate) mit 50,3 kWh Kapazität, die offizielle WLTP-Reichweite beträgt nach Ausstattungsvariante 310 bis 320 Kilometer. Der Elektromotor hat 180 PS, das Drehmoment liegt unverändert bei 280 Newtonmetern.
Sinnvoll für das Energiemanagement ist die über einen gut positionierten Schalter in der Mittelkonsole verstellbare Rekuperations-Intensität – so kann man das Auto abwechselnd gleiten lassen und abbremsen. Die Beschleunigungswerte auf 100 km/h werden bei allen Modellvarianten gleich flott angegeben: 8,3 Sekunden. Dabei hilft, dass der MG5 relativ leicht ist, mit der kleinere Batterie wiegt er nur 1.562 Kilo.
Durchaus schnell ist auch das Laden: Dreiphasiges Wechselstromladen (AC) mit maximal 11 kW ist ebenso möglich wie Gleichstrom-Schnellladen (DC) an der Autobahn mit bis zu 87 kW. Im Idealfall sollen 80 Prozent der Batteriekapazität in rund 40 Minuten wieder erreicht sein. Über das Konnektivitätssystem MG ISMART kann man den Ladestand am Handy überwachen. Der Clou ist eine Vehicle-to-Load-Funktion, mit der Laptops oder auch E-Bikes vom Fahrzeug aus geladen werden können.
 
Das Fazit nach der ersten Sitzprobe?
Ein kompakter Kombi ist grundsätzlich vernünftig, mit Elektroantrieb wird er zum Pragmatiker der nächsten Generation. Dass die Variante mit 400 Kilometern Reichweite und Vollausstattung am Ende unter 35.000 Euro kommt, ist eine Kampfansage – denn bei der ersten Sitzprobe hat das vernünftige Auto auch einen sehr vernünftigen Eindruck gemacht.