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Erster Test: Opel Astra

Erster Test: Opel Astra

Auferstehungs-Feier

Der innerdeutsche Kompaktklasse-Fight kann weitergehen – mit dem auferstandenen Opel Astra ist einer der wichtigsten Kämpfer in dieser Liga fit für den Vergleich mit seinen Lieblingsrivalen. Mit welchen Talenten der neue Rüsselsheimer Hatchback antritt, verrät der erste Test.
Um wen geht es?
SUV-Boom und Elektro-Gezetere hin oder her – der Astra ist und bleibt das zentrale Modell der Opel-Palette. Und muss sich erst einmal in den großen Schuhen des direkten Vorgängers zurechtfinden: Das letzte Modell unter GM-Regie wurde 2016 immerhin zum Auto des Jahres gewählt. Dazu war in der Motorenpalette aus 3- und 4-Zylinder-Benzinern mit bis zu 200 PS für jeden was dabei. Selbstzünder-Fans wurde mit dem Unikat eines 3-Zylinder Diesels erst recht Außergewöhnliches geboten. Der Neue knüpft hier nun mit französischen Genen an – er teilt sich die Technik mit dem Peugeot 308 und ist auch mit den gleichen Antriebsvarianten unterwegs. Um angestammte Opel-aner damit zu überzeugen, legt er bei den Talenten zu, mit denen sie bisher weniger verwöhnt wurden: Design, Digitalisierung und High-Tech-Ambiente.
 
Biedermeier war einmal. Wie hat Opel das Astra-Design angelegt?
Die schnittige Designvorgabe für den aktuellen Opel-Look wurde im vergangenen Jahr mit dem Mokka neu definiert – ein wenig bitter für den 2019 präsentierten Corsa, der jetzt zumindest bis zu seinem Facelift (voraussichtlich im kommenden Jahr) ohne das markante Familiengesicht auskommen muss. Das wird vor allem durch die visierartige Frontblende geprägt, an der bündig die Scheinwerfer anschließen. Die sind beim neuen Astra, ebenso wie die scharf zugespitz verlaufenden Heckleuchten, vollständig LED-bestückt – auch beim Basismodell! Weitere bestimmende Designelemente sind die längs über die Motorhaube gespannte Nasenkante und die Flankenstruktur mit ihrem Mix auch sanftem Schwung und geometrisch anmutenden Elementen. Die Bi-Color-Lackierung mit schwarzem Dach verleiht dem Astra eine geducktere Linie, ist aber exklusiv den Ausstattungen GS-Line und Ultimate vorbehalten.
 
Ein Sektglas weniger durstig. Was bietet die Aerodynamik?
Das Äußere des neuen Astra hebt sich nicht nur auffallend vom Vorgänger-Modell ab, es steckt auch eine Menge aerodynamische Optimierung in seinem Look. Vor allem wegen der aufwändigeren Dämmung ist schon die Einstiegs-Variante 80 Kilo schwerer als der vergleichbare Konzernbruder Peugeot. Der Opel kommt beim Verbrauch im Schnitt trotzdem mit 0,1 Liter weniger aus – was nur mit wirklich ausgefeilter Windschlüpfrigkeit möglich ist. Im Übrigen hat sich die Investition in die Akustik ausgezahlt: Bei den Benzinern dringt kaum ein Geräusch in den Innenraum. Leider kein Kompliment, das sich der Diesel verdient – er überrascht, auch im Gegensatzt zu seinem Peugeot-Pendant, mit etwas unzeitgemäßem Nageln.
Mutiger Neustart: Der Opel Astra hängt die eigene Vergangenheit mit schnittigem Loook und ausgefeilter Aerodynamik ab.Mutiger Neustart: Der Opel Astra hängt die eigene Vergangenheit mit schnittigem Loook und ausgefeilter Aerodynamik ab.
Steck mich an! Der stärkste Astra ist vorerst der Plug In-Hybrid mit 180 PS.Steck mich an! Der stärkste Astra ist vorerst der Plug In-Hybrid mit 180 PS.
Spitz angeschnittene Heckleuchten gehören zur neuen Design-Identität.Spitz angeschnittene Heckleuchten gehören zur neuen Design-Identität.
Voll-LED-Leuchten rundum gehören zum Serienumfang, je nach Ausstattung oder als Extra gibt es auch intelligente Matrix-Pixel-Scheinwerfer.Voll-LED-Leuchten rundum gehören zum Serienumfang, je nach Ausstattung oder als Extra gibt es auch intelligente Matrix-Pixel-Scheinwerfer.
Welche Motoren und Antriebe hat der neue Astra im Angebot?
Mit zwei 1,2-Liter-Benzinern zu 110 und 130 PS sowie einem 1,5-Liter-Diesel mit 130 PS plus einem 180-PS-Plug-In-Hybrid ist die Palette identisch mit der des Peugeot 308. Auch die Getriebeauswahl ist die gleiche: Für die stärkeren thermischen Motoren wird optional zum 6-Gang-Schaltgetriebe eine 8-Gang-Automatik geboten, beim Hybriden ist sie serienmäßig an Bord.
Ein zweiter Teilzeit-Stromer mit 225 PS vervollständigt später im heurigen Jahr das deckungsgleiche Angebot von Astra und 308. 2023 soll dann auch die vollelektrische Variante folgen, der 136-PS-Elektromotor aus dem Konzern-Regal dürfte hier als fix gelten. Die Überraschung hingegen: Den Akku-Astra wird es nicht nur in der Hatchback-Version, sondern auch als Kombi geben.
 
Welche Variante überzeugt im Antriebs-Vergleich?
Es wird immer auf die persönlichen Vorlieben ankommen: Die 110 PS des Basis-Benziners reichen für ein vernünftiges Mitschwimmen im Stadtverkehr, überland und vor allem bergauf oder bei Überholvorgängen fehlt es aber merkbar an Schmalz. Von dem bietet die 130 PS-Variante gefühlt mehr als die 20 PS Unterschied rechtfertigen würden – das höhere Drehmoment steuert hier den Funfaktor bei. Der lässt sich vor allem in der Kombination mit dem Schaltgetriebe voll auskosten. In der sehr komfortabel agierenden Automatik versickert das Agilitäts-Plus wieder, selbst wenn in der dort gebotenen Fahrmodi-Auswahl das Sportprogramm angewählt wird. Wer die Gänge über die Lenkrad-Paddles eigenhändig sortiert, kann sich damit wieder etewas an Pfeffer zurückholen. So oder so ein wenig zäh und teigig in der Leistungsabgabe wirkt der Diesel, wohl eine Nebenerscheinung der gar rigorosen Abgas-Nachbehandlung.
 
Alternative: Die Ansteck-Variante. Wie führt sich der Plug-In-Hybrid?
Der Plug-In-Hybrid mit 180 PS schafft im Stadtgebiet an die 60 Kilometer emissionsfreien Elektrobetrieb und hat eine wohlige Antrittsstärke. Wie seinem 308-Pendant vermiest ihm aber das Gewicht ein wenig die Spaß-Bilanz: Die dem dualen Antrieb plus Akkus geschuldeten 350 Kilo mehr drängeln vor allem in flott genommenen Kurven merkbar nach außen. Auch beim Lastwechsel wirken sie sich nicht unbedingt positiv auf die Fahrzeugbalance aus. Kühle Rechner werden sich mit der Ersparnis dank des Plug-In-begünstigenden Fiskus trösten: Die motorbezogene Versicherungssteuer fällt nur für den 150 PS aus dem Benziner an Bord an, der E-Anteil läuft gratis mit. Wer jetzt schon nachrechnen will: Beim kommenden 225-PS-Plug wird der thermische Motor 180 PS liefern, es gäbe statt wie jetzt 30 also 45 Gratis-Pferde abzugreifen.
Die kühle Atmosphäre im Innenraum ist gewollt – sie soll das deutsche Design und Engineering repräsentieren.Die kühle Atmosphäre im Innenraum ist gewollt – sie soll das deutsche Design und Engineering repräsentieren.
Die ergonomischen Komfort-Sitze mit AGR-Siegel sind Opel-Tradion.Die ergonomischen Komfort-Sitze mit AGR-Siegel sind Opel-Tradion.
So klein und darf schon über ein ganzes Automatikgetriebe herrschen.So klein und darf schon über ein ganzes Automatikgetriebe herrschen.
Neue Digital-Talente an Bord: Optional gibt es das Widescreen-Cockpit in einer vollverglasten Pure-Variante.Neue Digital-Talente an Bord: Optional gibt es das Widescreen-Cockpit in einer vollverglasten Pure-Variante.
Eine 40:60 geteilt umlegbare Rückbank-Lehne ist serienmäßig. Der Hybrid muss mit 70 Liter weniger Stauraum auskommen – übrig bleiben dann 352 Liter.Eine 40:60 geteilt umlegbare Rückbank-Lehne ist serienmäßig. Der Hybrid muss mit 70 Liter weniger Stauraum auskommen – übrig bleiben dann 352 Liter.
Cockpit-Revolution. Überzeugt die neue Innenraum-Gestaltung?
Im Cockpit hebt der Abstand vom letzten zum neuen Astra endgültig in andere Sphären ab: Der Widescreen-Schirm mit zwei 10-Zoll-Displays ist serienmäßig an Bord, optional ist er auch in vollverglaster „Pure“-Optik zu haben. Das ganze eingebettet in einen bewusst kühlen, technischen Look – er soll für deutsches Designverständnis und Engineering stehen. Bekanntes Opel-Erbgut sind aber die Ergonomie-Sitze mit AGR-Siegel – sie sind ab der Ausstattung Elegance inkludiert, in der Top-Variante sogar mit Sitzkühlung und Massagefunktion bestückt. Die Vorliebe der meisten Kunden für manuelle Klimasteuerung wird bei Opel respektiert. Offenbar erlaubt die Elektronik-Architektur aber nur eine bestimmte Anzahl an Tast und Reglern – daher belegt die Klimabedienung die Schalterreihe, die etwa im Bruder 308 dem Direkteinstieg in die Bildschirmmenüs dient. Den gibt es beim Astra in dieser Form nicht – Navi, Radio oder Telefon-Funktionen sind daher nur über den Touchscreen selbst aufrufbar. Eine etwas lästige Handhabung wurde aus dem 308 unverändert auf den Astra übertragen: Wer etwa den ärgerlichen Spurhalte-Eingriff oder das Start/Stopp-System daktivieren will, muss das nach jedem Neustart in einem Untermenü machen und die Auswahl auch noch einzeln zusätzlich bestätigen. Etwa weniger Hilfe-wir-werden-sonst-verklagt-Denken wäre hier praktischer gewesen.
 
Es werde Licht. Warum sind die Scheinwerfer des Astra etwas Besonderes?
Die Opel-Tradition, stets Premium-Lichttechnik anzubieten, hat sich auch in die Stellantis-Gegenwart der Marke gerettet – serienmäßig ist das Matrix-Pixel-System zwar erst in der Topausstattung Ultimate an Bord, ab dem Trimm-Level Elegance kann es aber für 908 Euro extra geordert werden und ist jeden Cent wert. Statt wie beim automatischen Abblenden die Welt vor dem Auto in halbe Finsternis zu tauchen, passiert hier digital gesteuert das gezielte „Ausschneiden“ des Gegenverkehrs aus dem Lichtkegel, während die restliche Weitenausleuchtung erhalten bleibt. In der Kompaktklasse ist diese Option nach wie vor eine echte Rarität, üblicherweise kommt sie erst ein bis zwei Segmente höher zum Einsatz.
Weitere Astras biegen bald um die Ecke: Der Sports Tourer mit längerem Radstand und bis zu 1634 Litern Stauraum wird 2022 nachgereicht, die E-Version 2023.Weitere Astras biegen bald um die Ecke: Der Sports Tourer mit längerem Radstand und bis zu 1634 Litern Stauraum wird 2022 nachgereicht, die E-Version 2023.
Zukunft mit Rucksack. Wann kommt der Kombi?
Kombi-Freunde werden nicht enttäuscht – es wird auch wieder eine Rucksack-Variante geben. Die 2010 ausgemusterte Bezeichnung „Caravan“ feiert kein da Capo, wie schon bei den letzten beiden Astra-Generationen wird es wieder ein „Sports Tourer“ werden. Bislang wurde der nur statisch präsentiert – schon äußerlich gilt für ihn aber Gleiches wie für seinen Kombi-Bruder 308: Er wirkt mit seiner gestreckten Linie insgesamt schlüssiger und proportionierter, ist in Summe also sogar der schönere Astra. Viel-Lader werden sich eher für die Stauraumdaten interessieren: 608 bis 1.634 Liter – auch hier liegt er exakt mit dem 308 gleichauf.
 
Setup made in Germany?
Opel besteht darauf, Fahrwerk und Lenkung eigenständig abgestimmt zu haben. Vielleicht waren die Eingriffe nur minimal – oder es gab eventuell gar nicht viel zu verbessern: Die entsprechenden Astra-Varianten weisen keine erwähnenswerten Unterschiede zum Handling der jeweiligen 308 Modelle auf – was angesichts der stoischen Spurtreue samt gelungenem Komfort-Straffheit-Spagat aber eindeutig als Kompliment gemeint ist. Einen Unterschied macht aber die beim Opel serienmäßig bessere Bereifung, die bei Peugeot erst ab der mittleren Ausstattung dabei ist.
 
Am Ende die Preisfrage…
Der Blick auf die Tarife überrascht mehrfach: Trotz ordentlich mehr Ausstattung kommt der Basis-Astra zu seinem Markstart Ende Mai mit 22.178 Euro sogar etwas günstiger als der Vorgänger und behält diesen Vorteil bis zur Mitte der Preisliste. Was schon ungewöhnlich genug wäre – er startet damit aber auch um 2.300 Euro niedriger, als der gleich motorisierte 308. In den höheren Bereichen bleiben Unterschiede, allerdings fallen Variantenreichtum und Spreizung beim Astra mit insgesamt sieben Austattungslevels deutlich größer aus. Aber auch beim Plug-In-Hybrid macht Opel schließlich das bessere Preisangebot. Made in Rüsselsheim (statt Mülhausen, wo der 308 vom Band läuft) macht sich für den Kunden also insgesamt bezahlt.
 
Das Fazit?
Auch, wenn die Emanzipierung von Peugeot etwas umfangreicher hätte ausfallen können: Opel bleibt sich bei angestammten Details wie Licht und Komfortsitzen treu. Neue Tugenden, wie ein wirklich moderner Innenraum mit großzügigem Digitalangebot sind dazugekommen. Dass die meisten anderen Unterschiede zu Peugeots Modellreihe 308 auf das Design, nicht aber die Technik fallen, ist das Ergebnis der Kostenrechner im Konzern. Opel-Traditionalisten wird das vielleicht nicht gleich begeistern, dafür dürfte das Eroberungspotential bei neuen Zielgruppen deutlich größer sein. Wie der Konzern-Oberste Carlos Tavares einmal mit großer Selbsterkenntnis erklärt hat: Nicht überall auf der Welt lässt sich ein französisches Auto verkaufen. Unsere Ergänzung: Ein deutsches mit französischen Genen hat aber durchaus Chancen.
Fazit von Motorprofis-Tester Stefan Pabeschitz: „Opel bleibt sich bei angestammten Details wie Licht und Komfortsitzen treu. Neue Tugenden, wie ein wirklich moderner Innenraum mit großzügigem Digitalangebot sind dazugekommen.Fazit von Motorprofis-Tester Stefan Pabeschitz: „Opel bleibt sich bei angestammten Details wie Licht und Komfortsitzen treu. Neue Tugenden, wie ein wirklich moderner Innenraum mit großzügigem Digitalangebot sind dazugekommen."

DATEN & FAKTEN

Opel Astra

Preis

Ab 22.178 Euro

Antrieb

1,2 Turbo 110: 3-Zylinder-Turbo-Benzinmotor, 1.199 ccm, 110 PS, 205 Nm // 1,2 Turbo 130: 3-Zylinder-Turbo-Benzinmotor, 1.199 ccm, 130 PS, 230 Nm // 1,5 Diesel: 4-Zylinder-Turbo-Dieselmotor, 1.499 ccm, 130 PS, 300 Nm //
Plug In 180: Plug-in-Hybridantrieb mit 4-Zylinder-Turbo-Benzinmotor (150 PS), E-Motor (110 PS) und Lithium-Ionen-Batterie (12,4 kWh), Systemleistung 180 PS // 1,2 Turbo 110 nur mit 6-Gang Schaltgetriebe, 1,2 Turbo 130 und 1,5 Diesel 130 optional auch mit 8-Gang-Automatik, Plug In 180 nur mit 8-Gang-Automatik.
Alle Varianten mit Frontantrieb.

Abmessungen

Länge 4.373 mm / Breite 1.860 mm / Höhe 1.441 mm. Radstand 2.675 mm. Kofferraumvolumen 422 – 1339 Liter (Plug In: 352 – 1.268 Liter).

Gewicht

Eigengewicht 1.232 kg – 1.438 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 1820 kg – 1940 kg. (Plug In 180: 1.678 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 2.150 kg).

Fahrwerte

1,2 Turbo 110: Höchstgeschwindigkeit 199 km/h, Beschleunigung 0 – 100 km/h in 10,5 Sekunden, WLTP-Normverbrauch 5,4 Liter // 1,2 Turbo 130: Höchstgeschwindigkeit 210 km/h, Beschleunigung 0 – 100 km/h in 9,7 Sekunden (Automatik: 9,7 Sekkunden), WLTP-Normverbrauch 5,4 Liter (Automatik 5,6 Liter) // 1,5 Diesel: Höchstgeschwindigkeit 209 km/h, Beschleunigung 0 – 100 km/h in 10,6 Sekunden (Automatik: 10,6 Sekunden), WLTP-Normverbrauch 4,3 Liter (Automatik: 4,3 Liter) // Plug In 180: Höchstgeschwindigkeit 225 km/h, Beschleunigung 0 – 100 km/h in 7,6 Sekunden, WLTP-Normverbrauch 1,0 Liter.
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