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FORMEL 1: RENAULT AM WEG NACH VORNE

FORMEL 1: RENAULT AM WEG NACH VORNE

Renaults Reifeprüfung

Die Top-3-Teams sind in der Formel 1 seit fast einem halben Jahrzehnt (!) ungeschlagen. Umso spannender ist das Duell der neuen Partner McLaren und Renault. Wer von den beiden kann als Erster in den Club der Gewinner zurückkehren? "Gelb" ist knapp vorne.
Warum ist das Duell zwischen Renault und McLaren so interessant?
Weil die beiden Teams einander der beste Gradmesser sind. Denn obwohl die beiden mehrfachen Weltmeisterteams seit Jahrzehnten in der Formel 1 unterwegs sind, ist es nun zum ersten Mal der Fall, dass McLaren auf Renault-Motoren setzt. Für das Team, das seine grössten Erfolge mit Triebwerken von Cosworth, Porsche, Honda und Mercedes hatte, ist der Wechsel zu Renault auch eine gnadenlose Konfrontation mit der Realität. Denn in den letzten Jahren hatte man es sich in Woking bequem gemacht mit der Selbsteinschätzung, dass man eh immer ein großartiges Auto gebaut habe und an den Debakeln ausschließlich die schwachbrüstigen und defektanfälligen Honda-Motoren Schuld an Mißerfolgen gewesen sind. Jetzt aber muss sich McLaren im direkten Fight und bei gleichen Voraussetzungen in Sachen Antrieb mit Red Bull Racing und RenaultF1 messen. Das Renault-Werksteam wiederum hat zwei der besten Chassis-Bauer der letzten Jahrzehnte als Maßstab, wie gut eigentlich das eigene in Enstone produzierte Auto, der R.S. 18, ist.

Wie ist die erste Bilanz?
Im Dreikampf der Renault-getriebenen Fahrzeuge ist Red Bull Racing, konzipiert von Star-Designer Adrian Newey, immer noch in einer eigenen Liga und das einzige dieser Teams, das aus eigener Kraft und ohne Zufälle Rennen gewinnen kann.
Doch zur Überraschung vieler wirkt Renault um einen Tick stärker als McLaren. In der WM ist Renault erstmals seit dem offiziellen Comeback 2016 wieder unter den ersten vier der Konstrukteurswertung - und vor Monaco um genau einen Punkt vor McLaren, obwohl die Gegner im pikanten Duell zwischen "Gelb" und "Orange" auf den fabelhaften Fernando Alonso setzen können, der noch in jedem Rennen bislang das Maximum des für ihn möglichen herausgeholt hat.

Welche Perspektive hat RenaultF1?
Die Ansprüche sind groß. Konzern-Boss Carlos Ghosn hatte sich Ende 2014 für viele unerwartet nicht nur für einen Verbleib in der Formel 1 entschieden, sondern auch für einen massiven Ausbau des Engagements. Das Budget wurde drastisch erhöht, weil man den Beispielen Mercedes und Red Bull gesehen hatte, dass man in der Formel 1 nur mit einer gut gefüllten Kriegskassa Erfolg haben kann. In weiterer Folge baut man seit Jahren die beiden Standorte in England (Auto/Team) und in Frankreich (Motor) massiv aus. Dutzende Top-Ingenieure wurden abgeworben und in Gelb-Schwarz gekleidet. Jetzt werden Erfolge verlangt. Zumal die Vorgaben durchaus defensiv (und damit realistisch) sind: Drei Jahre Anlaufzeit (die also heuer enden) sollen in drei Jahre an der Spitze münden. Spätestens 2020 muss Renault zumindest im Titelkampf vertreten sein, bis zum Finale.

Kann man gegen die Big Player bestehen?
Statt 470 (wie zu Lotus-Zeiten) werden bald schon 680 Mitarbeiter in Enstone beschäftigt sein, die Motoren-Abteilung wächst von einst 300 auf 520 Mitglieder. Dazu wurden neuen Gebäude gebaut, ein neuer Prüfstand errichtet, der Windkanal massiv ausgebaut. Zudem hat Renault das Image "zu brav zu sein", dass man nach den Briatore-Skandalen lange pflegte, abgelegt. So sucht man schon mal harte Duelle mit den Gegnern, etwa als man von der FIA den über die Konkurrenz bestens informierten Marcin Budkowski engagierte oder vom eigenen Kunden Red Bull Peter Machin als Chefdesigner. Zumal gerade die Red Bull die Messlatte in der Öffentlichkeit ist, durch die man auch gewaltig unter Druck ist. Aber Teamchef Cyril Abiteboul weiss: "Es ist eine Herausforderung und sie braucht Mut. Aber den haben wir."

Wie ist Renault mit den Fahrern aufgestellt?
Sehr gut. Nico Hülkenberg gilt seit Jahren als der beste und konstanteste Pilot der "zweiten Liga", auch wenn er noch nie (!) am Podium war. Aber seine Leistungen sind auch heuer wieder sensationell. Carlos Sainz jr. hatte Anfang des Jahres noch enorme Probleme gegen ihn, wird aber auch immer besser und konstanter. Das "Problem" beim ihm ist ein anderes: Ist er Durchschnitt, bringt er Renault kaum weiter. Ist er aber außergewöhnlich gut, besteht die Gefahr, dass ihn sein "Eigentümer" Red Bull nach der Leihe wieder selbst haben will und ihn zum Ricciardo-Nachfolger macht. In diesem Fall würde wohl ein Kandidat ins Spiel kommen, der gerade der grösste Gegner ist: Fernando Alonso, der seine WM-Titel ausschließlich mit Renault gewonnen hat und bei einer McLaren-Niederlagenserie gegen das Team aus Enstone wohl entsprechend reagieren und wechseln könnte. Oder Valtteri Bottas, falls der bei Mercedes gehen muss.

Wo ist Renault gut, wo muss man sich verbessern?
Noch fehlen beim Motor rund 35 PS, beim Montreal-Update soll der Abstand wesentlich kleiner werden. Trotzdem ist man im Qualifying im Schnitt das viertbeste Team (die ersten drei sind aber noch weit weg). In Summe hat man bislang aber 2018 klar zugelegt: Und zwar bis zu 1,6 Sekunden pro Runde, sowohl im Training als auch im Rennen, also mehr als jedes andere Team. Allerdings wird man in Rennen mit einer Einstopp-Strategie öfters nach hinten durchgereicht, da man auffällig oft mit älteren Reifen in langsameren Kurven Grip verliert. Werden die Reifen dank der Strategie-Optionen öfters gewechselt, ist Renault sofort wieder "Best of the Rest".
Und bald vielleicht ja nicht mehr Teil von "the Rest" - sondern von "The Best".
Auf eine Runde ist Renault schon richtig stark. Jetzt soll auch die Renn-Performance schneller werden.Auf eine Runde ist Renault schon richtig stark. Jetzt soll auch die Renn-Performance schneller werden.
Hülkenberg besticht nicht nur mit dem vielleicht coolsten Helmdesign, sondern auch als Pilot mit Hülkenberg besticht nicht nur mit dem vielleicht coolsten Helmdesign, sondern auch als Pilot mit "Kopf".
Prestige-Sache: Wenn Hülkenberg vor Alonso liegt ist das für Renault als Auto-Hersteller besonders wertvoll.Prestige-Sache: Wenn Hülkenberg vor Alonso liegt ist das für Renault als Auto-Hersteller besonders wertvoll.
Carlos Sainz kommt immer besser in Schwung. Noch Carlos Sainz kommt immer besser in Schwung. Noch "droht" Renault aber sein Wechsel zu Red Bull Racing.
Nico Hülkenberg gilt seit Jahren als einer der besten und konstantesten Piloten der Formel 1. Ideal für Renault.Nico Hülkenberg gilt seit Jahren als einer der besten und konstantesten Piloten der Formel 1. Ideal für Renault.
Die Aufholjagd von Renault ist voll im Gange. Spätestens im nächsten Jahr sollen Podien Routine werden.Die Aufholjagd von Renault ist voll im Gange. Spätestens im nächsten Jahr sollen Podien Routine werden.
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