HELMUT MARKO INTIM AUF SERVUS TV
Marko über Gasly, Albon und Kunst
Es ist ein beeindruckend persönliches Bild von Helmut Marko, das in einem Interview von Andrea Schlager auf Servus TV sichtbar wird. Offen spricht der Formel-1-Erfolgsmacher über den Fall und die Wiederauferstehung von Pierre Gasly, warum Max Verstappen ein Künstler ist, was Alex Albon stark macht – und wieso die Kunst sein wichtigster Gegenpol zur Formel 1 ist. Wir haben die besten Zitate – und den Link zum ganzen und ungekürzten Interview.
28.11.2019Fotos: Red Bull Contentpool, Servus TV
Dr. Helmut Marko ist einer der Gewinner der Saison.
Die Entscheidung von Red Bull, sich Honda anzuvertrauen, hat sich als richtig erwiesen. Max Verstappens Triumphfahrt in Sao Paulo hat ganz klar gezeigt: der Holländer wird über kurz oder lang der beste Pilot der Formel 1 werden – und Red Bull Racing kann schon 2020, wie auch Lewis Hamilton meint, wieder um den WM-Titel mitfahren, in einer WM, die man von 2010 bis 2013 nach Belieben dominiert hat.
Entsprechend entspannt wirkt der Grazer im Interview, dass er seiner steirischen Landsfrau, der Servus-TV-Moderatorin Andrea Schlager, im Louvre in Abu Dhabi gegeben hat.
Ein beeindruckendes Gespräch, in dem er über seine zweite große Liebe, die Kunst, philosophieren kann und im Detail über den von vielen als brutal empfundenen Fahrertausch Pierre Gasly/Alex Albon spricht – und warum alle dabei profitiert haben. Er redet darüber, wieso Max Verstappen ebenso ein Künstler ist wie Adrian Newey, warum die WM-Saison 2020 die härteste aller Zeiten wird, und die teuerste.
Wir bringen Ihnen die besten Quotes des ungekürzten Interviews, das nach einer Kurzversion am Montag in "Sport und Talk" nun hier in der Mediathek von Servus TV in seiner ganzen Länge und Vielfalt zu sehen ist.
Die Entscheidung von Red Bull, sich Honda anzuvertrauen, hat sich als richtig erwiesen. Max Verstappens Triumphfahrt in Sao Paulo hat ganz klar gezeigt: der Holländer wird über kurz oder lang der beste Pilot der Formel 1 werden – und Red Bull Racing kann schon 2020, wie auch Lewis Hamilton meint, wieder um den WM-Titel mitfahren, in einer WM, die man von 2010 bis 2013 nach Belieben dominiert hat.
Entsprechend entspannt wirkt der Grazer im Interview, dass er seiner steirischen Landsfrau, der Servus-TV-Moderatorin Andrea Schlager, im Louvre in Abu Dhabi gegeben hat.
Ein beeindruckendes Gespräch, in dem er über seine zweite große Liebe, die Kunst, philosophieren kann und im Detail über den von vielen als brutal empfundenen Fahrertausch Pierre Gasly/Alex Albon spricht – und warum alle dabei profitiert haben. Er redet darüber, wieso Max Verstappen ebenso ein Künstler ist wie Adrian Newey, warum die WM-Saison 2020 die härteste aller Zeiten wird, und die teuerste.
Wir bringen Ihnen die besten Quotes des ungekürzten Interviews, das nach einer Kurzversion am Montag in "Sport und Talk" nun hier in der Mediathek von Servus TV in seiner ganzen Länge und Vielfalt zu sehen ist.
Einige der vielen spannenden Aussagen von Helmut Marko im Gespräch mit Andrea Schlager:
... über seine Liebe zur Kunst:
"Ich finde das ist ein guter Kontrast zu Formel 1, die ganz extrem technisch ist. Im Louvre von Abu Dhabi ist wiederum das Extrem in der Architektur, dieser Stahlbau der Grazer Firma Waagner Biro. Beide Bereiche werden am absoluten Limit nur mehr von Könnern beherrscht."
... den Beginn seiner Kunstleidenschaft:
"In den 70er Jahren gab es Künstler wie den Österreicher Staudacher, die zu einigen Rennen kamen, dazu Frank Stella, Robert Rauschenberg, Jean Tinguely. Sie waren bei Sportwagenrennen dabei, zu einer Zeit, als der Sport brandgefährlich war. Und auch diese Künstler leben ja auf einem ganz schmalen Grad – man muss dafür brennen mit ganzer Leidenschaft, Talent alleine reicht nicht. Und durch diese Begegnungen ist auch in mir diese Leidenschaft für die Kunst entbrannt."
...die Frage nach Künstlern in der Formel 1:
"Ein Adrian Newey, bei dem Perfektion der Anspruch ist. Der will ein Getriebe, das nicht machbar erscheint und dann ist es am Ende doch da. Alle sagen es geht nicht und am Ende braucht man einen kleinen Japaner im Team dafür, weil nur er es wechseln kann, weil der so kleine Finger hat. Das Zusammenfügen von verschiedenen technischen Lösungen ist eine Kunst. Und dann ist noch der Fahrer, der je nach Talent, mit einer Virtuosität, wie sie bei uns Verstappen in Brasilien vorgeführt hat, das alles dann umsetzt und zum Erfolg führt."
...auf Andrea Schlagers Frage, ob die Fahrer das Pendant zu den Ausstellungen im Museum sind, weil sie mal besser, mal schlechter wirken:
"Ja, die Fahrer sind eben Menschen. Das beste Beispiel dafür ist Pierre Gasly, der bei Red Bull Racing mit der Gesamtsituation – Druck, Technik, Auto – nicht zurechtgekommen ist. Und zurück bei Toro Rosso bringt er dort wieder phantastische Leistungen. Er ist wieder der Gasly, den wir eigentlich im Kopf hatten, als wir ihn holten. Da sieht man, dass das Umfeld ganz entscheidend ist, dass der seine Qualitäten, die er zweifelsohne hat, zum Ausdruck bringen kann."
..über Alex Albon, das "Tauschobjekt" zu Gasly:
"Und auf der anderen Seite ist der Albon, der in seinem ersten Formel-1-Jahr in eine solche Position geworfen wurde. Albon aber blüht unter Druck auf, und zwar genauso wie der andere unter anderen Umständen bei Toro Rosso wieder erwacht ist. Also da spielt die Psyche eine große Rolle und da muss man halt das Gespür oder das Glück haben, dass man das halt immer richtig platziert."
... über Gaslys Auferstehung:
"Sobald man erkennt, dass einer die Leistung, zu der einer vom Talent her fähig ist, nicht mehr bringen kann, egal ob aufgrund äußerer Umstände oder wegen dem Druck, muss man eingreifen, bevor der Pilot ruiniert wird. Gasly ist das optimale Beispiel, wie man wieder in Gang kommt. Zudem: Wenn man in ein kleineres Team kommt, ist die Ingenieurs-Kapazität geringer. Man hat weniger technische Anforderungen, ist weniger Details ausgesetzt und hat nicht den Erwartungsdruck. Man kann sich also wieder erholen. Es ist immer sehr diffizil und schwierig. Meistens aber konnten wir das bei Red Bull lösen."
...über Albons schnelle Karriere, nachdem er vor Jahren aus dem Red-Bull-Juniorkader geflogen war:
"Er war bei uns schon mal zwei Jahre lang, als Junior. Wir haben uns dann getrennt, weil Albon sehr, sehr viele Unfälle gehabt hat. Unnötige! Doch dann hat er sich mit eigener Kraft auf eigene Füsse gestellt. Er hat es geschafft bis in die Formel 2. Da waren die Resultate gut, aber nicht ganz überzeugend. Wir haben dann gesehen, dass wir einen Ersatz für Brendon Hartley brauchen. Ich habe mit ihm gesprochen, mir Albons Leistungen noch einmal mehr im Detail angeschaut und sah: da ist einfach eine Wandlung passiert.
Man darf ja nicht vergessen, damals bei uns war er 17, oder 16. Der ist gereift. Er weiss, was auf ihn zukommt, kennt den Druck. Albon ist Gott sei Dank aber eine ausgeglichene Persönlichkeit, steht mit beiden Füssen am Boden und sieht alles nur positiv. Er hat gesagt, sein ganzes Leben wollte er in die Formel 1 und jetzt ist da diese Chance! Er sieht das nicht als Belastung, sondern als Riesenchance. Und die hat er auch noch wahrgenommen. Gleichzeitig ist er in Interviews immer fröhlich. Lewis Hamilton hat sich für ihn eingesetzt. Paradoxerweise hat ihn dann genau der umgedreht, als Albon in Sao Paulo am Weg zum ersten Podium war. Aber auch das hat Alex relativ locker weggesteckt. Er weiss: Das war nicht seine letzte Chance auf ein Podium."
... das schwierige Formel-1-Jahr 2020:
"Die nächste Saison wird wahnsinnig schwierig. Wir wollen und müssen endlich wieder an der Spitze fahren, und haben beste Voraussetzungen dafür. Honda hat alles gehalten was versprochen wurde, der Motor passt. Wir müssen also für 2020 ein wirklich gutes Auto bauen, das volle Konzentration braucht. Zugleich aber kommt 2021 ein neues Reglement und eine Kostenlimitierung. Das heisst: Wir müssen jetzt entwickeln, da ist das Arbeiten noch ohne finanzielle Eingrenzung möglich, also werden alle sehr intensiv das übernächste Auto planen. Aber Priorität hat nun das 2020-Auto, denn da müssen wir gerüstet sein."
...seinen größten Flop beim privaten Autokauf...
"Eine meiner größten Blödheiten: Porsche war in finanziellen Schwierigkeiten und sie boten mir meinen 917, mit dem ich in Le Mans gewonnen hatte und der aufgrund eines speziellen Rahmens einzigartig ist, um 100.000 Mark an. Ich habe ihn nicht gekauft. Zehn Jahre später habe ich in auf einer Austellung in Mulhouse gesehen, da war sein Wert bei 10 Milionen – Euro! Das wäre wohl eine gute Investition gewesen. So aber steht er nun im Porsche Museum."
... über seine Liebe zur Kunst:
"Ich finde das ist ein guter Kontrast zu Formel 1, die ganz extrem technisch ist. Im Louvre von Abu Dhabi ist wiederum das Extrem in der Architektur, dieser Stahlbau der Grazer Firma Waagner Biro. Beide Bereiche werden am absoluten Limit nur mehr von Könnern beherrscht."
... den Beginn seiner Kunstleidenschaft:
"In den 70er Jahren gab es Künstler wie den Österreicher Staudacher, die zu einigen Rennen kamen, dazu Frank Stella, Robert Rauschenberg, Jean Tinguely. Sie waren bei Sportwagenrennen dabei, zu einer Zeit, als der Sport brandgefährlich war. Und auch diese Künstler leben ja auf einem ganz schmalen Grad – man muss dafür brennen mit ganzer Leidenschaft, Talent alleine reicht nicht. Und durch diese Begegnungen ist auch in mir diese Leidenschaft für die Kunst entbrannt."
...die Frage nach Künstlern in der Formel 1:
"Ein Adrian Newey, bei dem Perfektion der Anspruch ist. Der will ein Getriebe, das nicht machbar erscheint und dann ist es am Ende doch da. Alle sagen es geht nicht und am Ende braucht man einen kleinen Japaner im Team dafür, weil nur er es wechseln kann, weil der so kleine Finger hat. Das Zusammenfügen von verschiedenen technischen Lösungen ist eine Kunst. Und dann ist noch der Fahrer, der je nach Talent, mit einer Virtuosität, wie sie bei uns Verstappen in Brasilien vorgeführt hat, das alles dann umsetzt und zum Erfolg führt."
...auf Andrea Schlagers Frage, ob die Fahrer das Pendant zu den Ausstellungen im Museum sind, weil sie mal besser, mal schlechter wirken:
"Ja, die Fahrer sind eben Menschen. Das beste Beispiel dafür ist Pierre Gasly, der bei Red Bull Racing mit der Gesamtsituation – Druck, Technik, Auto – nicht zurechtgekommen ist. Und zurück bei Toro Rosso bringt er dort wieder phantastische Leistungen. Er ist wieder der Gasly, den wir eigentlich im Kopf hatten, als wir ihn holten. Da sieht man, dass das Umfeld ganz entscheidend ist, dass der seine Qualitäten, die er zweifelsohne hat, zum Ausdruck bringen kann."
..über Alex Albon, das "Tauschobjekt" zu Gasly:
"Und auf der anderen Seite ist der Albon, der in seinem ersten Formel-1-Jahr in eine solche Position geworfen wurde. Albon aber blüht unter Druck auf, und zwar genauso wie der andere unter anderen Umständen bei Toro Rosso wieder erwacht ist. Also da spielt die Psyche eine große Rolle und da muss man halt das Gespür oder das Glück haben, dass man das halt immer richtig platziert."
... über Gaslys Auferstehung:
"Sobald man erkennt, dass einer die Leistung, zu der einer vom Talent her fähig ist, nicht mehr bringen kann, egal ob aufgrund äußerer Umstände oder wegen dem Druck, muss man eingreifen, bevor der Pilot ruiniert wird. Gasly ist das optimale Beispiel, wie man wieder in Gang kommt. Zudem: Wenn man in ein kleineres Team kommt, ist die Ingenieurs-Kapazität geringer. Man hat weniger technische Anforderungen, ist weniger Details ausgesetzt und hat nicht den Erwartungsdruck. Man kann sich also wieder erholen. Es ist immer sehr diffizil und schwierig. Meistens aber konnten wir das bei Red Bull lösen."
...über Albons schnelle Karriere, nachdem er vor Jahren aus dem Red-Bull-Juniorkader geflogen war:
"Er war bei uns schon mal zwei Jahre lang, als Junior. Wir haben uns dann getrennt, weil Albon sehr, sehr viele Unfälle gehabt hat. Unnötige! Doch dann hat er sich mit eigener Kraft auf eigene Füsse gestellt. Er hat es geschafft bis in die Formel 2. Da waren die Resultate gut, aber nicht ganz überzeugend. Wir haben dann gesehen, dass wir einen Ersatz für Brendon Hartley brauchen. Ich habe mit ihm gesprochen, mir Albons Leistungen noch einmal mehr im Detail angeschaut und sah: da ist einfach eine Wandlung passiert.
Man darf ja nicht vergessen, damals bei uns war er 17, oder 16. Der ist gereift. Er weiss, was auf ihn zukommt, kennt den Druck. Albon ist Gott sei Dank aber eine ausgeglichene Persönlichkeit, steht mit beiden Füssen am Boden und sieht alles nur positiv. Er hat gesagt, sein ganzes Leben wollte er in die Formel 1 und jetzt ist da diese Chance! Er sieht das nicht als Belastung, sondern als Riesenchance. Und die hat er auch noch wahrgenommen. Gleichzeitig ist er in Interviews immer fröhlich. Lewis Hamilton hat sich für ihn eingesetzt. Paradoxerweise hat ihn dann genau der umgedreht, als Albon in Sao Paulo am Weg zum ersten Podium war. Aber auch das hat Alex relativ locker weggesteckt. Er weiss: Das war nicht seine letzte Chance auf ein Podium."
... das schwierige Formel-1-Jahr 2020:
"Die nächste Saison wird wahnsinnig schwierig. Wir wollen und müssen endlich wieder an der Spitze fahren, und haben beste Voraussetzungen dafür. Honda hat alles gehalten was versprochen wurde, der Motor passt. Wir müssen also für 2020 ein wirklich gutes Auto bauen, das volle Konzentration braucht. Zugleich aber kommt 2021 ein neues Reglement und eine Kostenlimitierung. Das heisst: Wir müssen jetzt entwickeln, da ist das Arbeiten noch ohne finanzielle Eingrenzung möglich, also werden alle sehr intensiv das übernächste Auto planen. Aber Priorität hat nun das 2020-Auto, denn da müssen wir gerüstet sein."
...seinen größten Flop beim privaten Autokauf...
"Eine meiner größten Blödheiten: Porsche war in finanziellen Schwierigkeiten und sie boten mir meinen 917, mit dem ich in Le Mans gewonnen hatte und der aufgrund eines speziellen Rahmens einzigartig ist, um 100.000 Mark an. Ich habe ihn nicht gekauft. Zehn Jahre später habe ich in auf einer Austellung in Mulhouse gesehen, da war sein Wert bei 10 Milionen – Euro! Das wäre wohl eine gute Investition gewesen. So aber steht er nun im Porsche Museum."
Marko vergleicht Max Verstappen mit einem Künstler. Sein Sieg in Brasilien sei in einer eigenen Virtuosität gewesen.
Gasly musste bei Red Bull Racing aussteigen...
...und wurde bei Toro Rosso wieder glücklich.
Andrea Schlager, sonst in der MotoGP auf den Spuren von Marquez, Rossi & Co., machte eines der spannendsten Formel-1-Interviews 2019.
Jubel über Verstappens Sieg in Brasilien: "2020 sollten wir alles haben. Honda hat immer alles gehalten, was sie uns versprochen haben."
Ein mutiger Alex Albon beeindruckte ....
...Helmut Marko bei einem Gespräch im Herbst 2018.
Albon blüht unter Druck auf: "Ich habe mein ganzes Leben von der Formel 1 geträumt. Da muss ich die Chance jetzt einfach ergreifen!"
Der Link zum Interview: https://www.servus.com/tv/videos/aa-2215utb4d1w12/