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JEAN-ERIC VERGNE

JEAN-ERIC VERGNE

"Ich war am Tiefpunkt!"

DS-Star Jean-Eric Vergne ist Formel-E-Meister. Und: Eben wurde er zum weltweit drittbesten Rennfahrer der Gegenwart gekürt. Ein Gespräch mit einem Mann, der vor einigen Jahren am Tiefpunkt war - und dessen Erinnerungen uns nach Fuschl führen.

Eben wurde Jean-Eric Vergne, Werkspilot von DS Automobiles, zum drittbesten Fahrer der Welt gekürt - von einer hochkarätigen Jury der englischen Fachbibel "Autosport". Klar, in der Formel E ist der Pilot von DS Techeetah Titelverteidiger. Und nach seinem zweiten Platz beim Auftakt in Saudi Arabien auch wieder Favorit für diese Saison. Zudem ist er in der WEC auf WM-Kurs.
Im Gespräch erzählt der Franzose, der als Red-Bull-Junior viel Zeit in Österreich verbrachte, was er über den Motorsport der Zukunft hält - und warum auch ihn Dani Ricciardos Wechsel weg von Red Bull überrascht hat.


Dein Ex-Teamkollege Daniel Kwjat ist wieder in der Formel 1, auch Du hättest - angeblich - seinen Job bei Toro Rosso haben können. Oder wolltest Du gar nicht zurück in den Formel-1-Sport?
Für nichts auf der Welt würde ich meine Position aufgeben um wieder zurück zu Toro Rosso zu gehen.  In Formel E bin ich Teil eines der besten Teams und ich habe die Möglichkeit, um Siege zu kämpfen und für die Meisterschaft. Daher bin ich hier in einer viel besseren Position.  Zudem kann auch mehr Dinge neben dem Rennen machen. Ich engagiere mich für grüne Energie, den Kampf gegen die Erderwärmung. All das könnte ich in der Form nicht mehr machen, wenn ich wieder in der Formel 1 wäre.

Du hast am Ende deiner Formel-1-Zeit sehr unglücklich gewirkt, dazu kamen in einer wichtigen Phase extrem viele unverschuldete Ausfälle. War die Verzweiflung groß?
Absolut. Als ich in der Formel E angekommen bin, da war ich am Tiefpunkt meiner Karriere, ja meines Lebens. Doch dann kam eines nach dem anderen und ich habe begriffen, was hier entsteht. Ich war so schnell überzeugt von dieser Art des Rennfahrens, dass ich einen meiner Partner schon nach wenigen Wochen dazu gebracht habe, in unser Team zu investieren.

Dein Titel ist eine große Inspiration für die gesamte Motorsport-Welt, denn ein kleines Privat-Team hat die Großen besiegt. Und eine Formel 1, die von drei Riesen regiert wird, fragt sich: Warum ist so etwas in der Formel E möglich?
Da kommen mehrere Faktoren zusammen: Der Spirit im Team war immer gut – ob wir gewonnen oder verloren haben. Wir sind dadurch sehr gut mit Druck umgegangen. Um Meister zu werden ist es wichtig, möglichst wenige Fehler zu machen und immer das Maximum des an dem Tag möglichen herauszuholen. Punkte zu verschenken ist etwas, das wir uns nicht erlauben können. Und etwas, das wir auch kaum getan haben. Dazu kommt die Basis von allem: Unsere Ingenieure sind sehr gut.


Wie fühlt sich das Formel-E-Auto der neuen Generation für Dich an? Du warst bei der Premiere in  Saudi Arabien im Rennen im DS Techeetah der klar schnellste Mann, nur eine Strafe wegen eures Energiemanagements hat Dir den Sieg gekostet, trotzdem warst Du toller Zweiter.
Das neue Auto ist sehr gut! Man spürt definitiv die extra Power, durch das Brake-by-wire-System gibt es weniger Fehler. Es ist ein lässiges Auto, das mit bekannten Regeln im Motorsport bricht.

Du hast sehr viel Zeit in Österreich verbracht, und als Red-Bull-Junior hier viel trainiert.
Ich liebe Österreich, ich habe dort sehr viele Freunde. Ich liebe das Land, ich liebe auch Schnitzel. Es wäre toll für die Formel E einmal in Österreich zu fahren, in Wien oder wo auch immer. Vielleicht ja zwischen Thalgau und Fuschl, da sind Daniel Ricciardo und ich früher immer vor und nach dem Fitness-Training mit dem Scooter unterwegs gewesen. Die Strecke kenne ich gut (lacht).

Dani Ricciardo und Du - ich seit lange Kollegen im Red Bull Junior gewesen, Freunde und Rivalen. Er hat Dich im Rennen um einen Platz bei Red Bull Racing einst nur ganz knapp besiegt. Nun verlässt er Red Bull freiwillig und geht zu Renault. Viele waren und sind verblüfft über seine Entscheidung. Auch Du?
Ja, ich bin sehr überrascht! Ich weiß nicht, was seine Idee dabei ist. Red Bull wird sicher gut performen und es wird sicher länger dauern bis Renault aufholen kann und so gut ist wie Ricciardos bisheriges Team. Aber ich bin ja nicht so eng dabei, um seine Motive zu verstehen - und es ist natürlich gut vorstellbar, dass Renault eine echte Herausforderung für ihn ist. Deshalb macht er das. Es reizt ihn einfach.


Werden wir eines Tages auch Formel-E-Rennen auf Formel-1-Rennstrecken wie dem Red Bull Ring sehen - und wenn ja, welche permanente Piste ist dafür geeignet?
Nein. Das ist nicht die DNA der Formel E. Die Formel E fährt Straßenrennen, daher hoffe ich, das wir nie auf einer Rennstrecke fahren werden. Wir fahren zwar in Mexico auf einer, aber diese Art einer Rennstrecke in der City ist einzigartig und nicht vergleichbar.


Wie unterscheidet sich die Vorbereitung des Fahrers zwischen Formel E und Formel 1?
In der Formel E spielt sich alles an einem Tag ab. Man hat de facto zwei Wettbewerbe an diesem einen Tag. Der eine ist das Qualifying. Da musst du alles geben und du hast die volle Power! Und dann kommt das Rennen. Da braucht man ein gutes Energiemanagement, und fährt alles anders als davor im Training. Und du musst auf diese beiden sehr verschiedenen Situationen jeweils sehr gut vorbereitet sein.


Hättest Du gerne was aus der Formel 1 auch in der Formel E?
(denkt nach) Nicht wirklich. Es kann nicht alles zeitgleich und über Nacht Formel-1-Dimension haben - aber was junge Fans betrifft oder unsere Präsenz in sozialen Medien, sind wir sehr gut auf Kurs.

Zudem hat die Formel E den vom Namen her bislang prominentesten Formel-1-Zugang: Felipe Massa.
Er ist eine super Ergänzung im Fahrerfeld, wir kennen uns ja aus dem Grand-Prix-Sport. Es gab nie etwas Negatives zwischen uns beiden, ich freu mich auf den Kampf auf der Strecke. Ich mag ihn sehr gerne und es wird gut. Ich habe keine Angst vor ihm und ich glaube, er auch nicht vor mir (lacht). Aber ich konzentriere mich nicht auf andere, ich fokussiere mich auf meinen Job. Das ist bringt die am weitesten.


Stichwort Team-Spirit: Selten hat man im Motorsport zwei Teamkollegen gesehen, die sich auch abseits der Strecke so gut verstehen wie Dich und Andre Lotterer. Ihr wirkt wie beste Freunde.
Es ist gut und wichtig für das Team, dass zwei Fahrer gut mit einander auskommen können. Eine gute Atmosphäre ist auch für die Ingenieure wichtig und wenn Leute gerne ihre Arbeit verrichten ist es immer etwas Motivierendes. Wenn man Fahrer hat, die sich gegenseitig nicht ausstehen können und die alles vor dem anderen verstecken wollen, dann kommt es zum Konflikt im Team. Dann entstehen Spannungen und das ist der einfachste Weg ein Team zu zerstören. Unser Rennstall aber ist in dieser Besetzung noch ziemlich neu und wir haben eine gute Art gefunden, gemeinsam an unseren Zielen zu arbeiten – und nicht gegeneinander. Wobei dieser Prozess natürlich nicht aufhören darf. Wir haben aber ein gutes Team, auch jetzt wo DS Automobiles unser Partner ist. Das funktioniert.

Die Rennen in Europa sind besonders wertvoll, sie werden als voestalpine races nun in einer  eigenen Meisterschaft gewertet.
Das ist toll. Ich denke Europa ist sehr wichtig für die Formel E, weil so viele Hersteller aus Europa kommen. Daher haben diese Rennen eine besondere Bedeutung für uns alle. Diese Rennen werden besonders beachtet, zudem fahre ich gerne in Europa. Es ist nicht so weit und ich habe keinen Jetlag.


Wie ist das Gefühl, wenn man Rennen in europäischen Städten fährt?
Super-cool!  Ich liebe Stadtrennen ja sowieso, dieses Fahren zwischen den Mauern hat was sehr Spezielles. Dazu kommt: man kann direkt in einem netten Hotel bei der Strecke wohnen und geht keine fünf Minuten in die Box. Und wenn man dann fährt, kann man etwa in Paris vom Auto aus den Eifelturm sehen. Für mich gibt es nichts Besseres, als in schönen Städten in Europa Rennen zu fahren.


Unvergessen: Viele Jahre waren Dani Ricciardo und Jean-Eric Vergne Freunde - und zugleich die größten Rivalen.Unvergessen: Viele Jahre waren Dani Ricciardo und Jean-Eric Vergne Freunde - und zugleich die größten Rivalen.
In Saudi Arabien wirkte In Saudi Arabien wirkte "JEV" sofort wieder als Titelfavorit.
Auch mit Auch mit "Halo" hat er alles gut im Blick.
Lange war er für Antonio Felix da Costa so was wie ein Mentor. Nun könnten sie die großen Meisterschafts-Rivalen 2018/19 werden.Lange war er für Antonio Felix da Costa so was wie ein Mentor. Nun könnten sie die großen Meisterschafts-Rivalen 2018/19 werden.
Nach harten Zeiten bei Toro Rosso...Nach harten Zeiten bei Toro Rosso...
...nun auf Siegkurs in der Formel E......nun auf Siegkurs in der Formel E...
...und gern bei Langstreckenrennen....und gern bei Langstreckenrennen.
Auch wenn Sie  vielleicht gerade einen anderen Eindruck haben: Kaum ein Rennfahrer ist so hellwach wie Jean-Eric Vergne.Auch wenn Sie vielleicht gerade einen anderen Eindruck haben: Kaum ein Rennfahrer ist so hellwach wie Jean-Eric Vergne.
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