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INTENSIV-TEST: FORD FOCUS ST 2,3 ECOBOOST

INTENSIV-TEST: FORD FOCUS ST 2,3 ECOBOOST

Im Bann der Zentrifuge

Die Kurve ist seine Welt: Der Focus ST lenkt mit professioneller Präzision hinein, baut drinnen enormen Grip auf und beschleunigt durch seine Traktion triumphal heraus. Ein Auto für motivierte Steuermänner, die sich aber zwischendurch auch ausruhen können: Für einen, der im Sport soviel richtig macht, kommt der GTI-Schreck recht gelassen durch den Alltag.
Warum setzten Sportsfreunde große Hoffnungen in den Focus ST?
Weil die Marke einen Ruf unter Sportlern hat. Seit einer halben Ewigkeit ist sie für gute Fahrwerke und Lenkungen im Allgemeinen und höchst unterhaltsame Sportmodelle im Speziellen bekannt. ST und RS haben schon viele Fahrer glücklich gemacht. Aktuell hat Ford einen superlustigen Fiesta ST im Programm, und der neue Focus ST soll ihm ein würdiger großer Bruder sein.
 
Den Focus ST gibt es in zahlreichen Varianten – welche also nehmen?
Die Leistungssportler greifen zum Testmodell, dem Hatchback mit 2,3-Liter-EcoBoost-Benziner, weil er das komplette Performance-Potpourri aus 280 PS, Sperrdifferenzial und adaptivem Fahrwerk bietet.
Der „Turnier“ getaufte Kombi ist mit seinem erstaunlich großen Kofferraumvolumen von 575 bis 1.620 Litern ein Familien-Sportwagen. Sein Aufpreis ist mit 1.550 Euro moderat, verzichten muss man nur auf die adaptiven Dämpfer mit Sportmodus.
Der Diesel, 2,0-Liter-EcoBlue genannt, ist definitiv interessant – schnelle und wirklich sparsame Autos gibt es nicht oft. Bei 190 PS, kleinerem Drehzahlband, etwas mehr Gewicht auf der Vorderachse und fehlendem Sperrdifferenzial handelt es sich aber schon um ein anderes Auto – zweifellos sportlich, aber nicht so streng leistungsorientiert wie der 2,3-Liter-Ecoboost.
Auch für die Firmengarage: Das sportliche Styling ist relativ dezent, aber im Detail sehr hochwertig umgesetzt.Auch für die Firmengarage: Das sportliche Styling ist relativ dezent, aber im Detail sehr hochwertig umgesetzt.
LED-Licht für glamouröse nächtliche Auftritte.LED-Licht für glamouröse nächtliche Auftritte.
ST und Ford haben einen Ruf unter Sportlern.ST und Ford haben einen Ruf unter Sportlern.
Alles im Rahmen: Leicht vergrößerter Dachspoiler.Alles im Rahmen: Leicht vergrößerter Dachspoiler.
Große Felgen mit dünnen Speichen, durch die sich die roten Bremssättel gut präsentieren können. Aufgezogen werden Sportgummis: Michelin Pilot Sport 4.Große Felgen mit dünnen Speichen, durch die sich die roten Bremssättel gut präsentieren können. Aufgezogen werden Sportgummis: Michelin Pilot Sport 4.
Abgesenktes Fahrwerk, Heckdiffusor mit zwei dicken Endrohren und Performance-Blau – ein Lack, der nur auf den Sportmodellen aufgetragen wird.Abgesenktes Fahrwerk, Heckdiffusor mit zwei dicken Endrohren und Performance-Blau – ein Lack, der nur auf den Sportmodellen aufgetragen wird.
Schauen wir uns das Design genauer an. Wie sportlich ist der ST gestylt?
Alles bleibt im Rahmen. Der Focus gehört zu der Sorte Sportler, die man auch in der Firmengarage parken kann, ohne gleich das Hallodri-Image weg zu haben. Das sportliche Styling ist relativ dezent und nicht so weit weg von einem Focus ST-Line mit Standard-Motor – aber natürlich nur bei oberflächlicher Betrachtung: Kenner sehen dann schon die großen Felgen mit den dünnen Speichen, durch die sich die roten Bremssättel so gut präsentieren können. Sie sehen den schönen Abschluss von Rad und Radkasten, den das abgesenkte Fahrwerk ermöglicht. Sie sehen den Heckdiffusor mit zwei dicken Endrohren, den vergrößerten Dachspoiler und weitere Details, die aber alle nicht aufdringlich sind.
Eine deutlichere Sprache spricht der Focus ST natürlich mit dem exklusiv für ihn reservierten Tropical-Orange, wir würden uns aber für das Performance-Blau des Testwagens entscheiden, auch dieser schöne Lack wird nur auf den Sportmodellen aufgetragen. Zudem hat Ford ein sinnvolles Styling-Paket geschnürt, dass alle für Ästheten relevanten Details um nur 2.400 Euro zusammenfasst – etwa die hinreißenden 19-Zöllern, die optisch wichtigen Bremssättel in Rot, das LED-Licht vorne und hinten für den glamourösen Auftritt in der Nacht und die coole Leder-Rauleder-Kombi für die Recaro-Sitze.
 
Wie ist der Innenraum gelungen?
Ford verzichtet auf sportliches Blendwerk und legt das Geld dort an, wo es wirklich zählt. Optisch unterscheidet sich der ST-Innenraum nicht so stark von den normalen Modellen. Er ist weitgehend logisch aufgebaut und mit ordentlichen Materialien ausgeführt. Im Multimediabereich gibt es hipper gestylte Screens, dafür ist die Sync-Software von Ford sehr modern und ermöglicht schnelle Smartphone-ähnliche Bedienung. Falls Sie die kleinen Uhren zum Anzeigen von Ladedruck, Öltemperatur und Öldruck vermissen – diese Werte werden jetzt in den digitalen Armaturen und damit direkt im Blickfeld angezeigt.
Sportler schätze das griffige Lenkrad in richtiger Größe (ein Alcantara-Bezug wäre noch das i-Tüpferl gewesen), den gut platzierten Schaltknauf und vor allem das Stuhl-Paar von Recaro, dass durch den rutschfesten Bezug und die hohen Seitenwände eine enorme Stütze gegen die Fliehkräfte ist, aber auch Komfort bietet.
Relativ nahe an den normalen Modellen: Ford verzichtet auf sportliches Blendwerk und legt das Geld dort an, wo es wirklich zählt.Relativ nahe an den normalen Modellen: Ford verzichtet auf sportliches Blendwerk und legt das Geld dort an, wo es wirklich zählt.
Der Schaltknauf liegt gut in der Hand, das Schaltgetriebe ist exzellent.Der Schaltknauf liegt gut in der Hand, das Schaltgetriebe ist exzellent.
Weniger ist mehr: Über „SportWeniger ist mehr: Über „Sport" gibt es noch den Race-Modus.
Es gibt hipper gestylte Screens, dafür ist die Sync-Software von Ford modern und ermöglicht schnelle, Smartphone-ähnliche Bedienung.Es gibt hipper gestylte Screens, dafür ist die Sync-Software von Ford modern und ermöglicht schnelle, Smartphone-ähnliche Bedienung.
Im Klassenschnitt: Ordentliches Platzangebot in Reihe zwei.Im Klassenschnitt: Ordentliches Platzangebot in Reihe zwei.
Die Stufe bleibt, einen doppelten Ladeboden gibt's nicht. Aber den ST-Kombi.Die Stufe bleibt, einen doppelten Ladeboden gibt's nicht. Aber den ST-Kombi.
Stuhl-Paar von Recaro: Durch rutschfesten Bezug und hohe Seitenwände eine enorme Stütze gegen Fliehkräfte, dabei aber nicht unkomfortabel.Stuhl-Paar von Recaro: Durch rutschfesten Bezug und hohe Seitenwände eine enorme Stütze gegen Fliehkräfte, dabei aber nicht unkomfortabel.
Legen wir los. Was kann der sportliche Fahrer vom neuen Focus ST erwarten?
Einen im Alltag relativ unauffälligen Begleiter, der auf der Lieblingsstrecke zum heißen Feger wird. Wenn man dem Focus ST des Jahrgangs 2020 etwas vorwerfen kann, dann dass er sich bei normaler Fahrweise nicht so stark zu erkennen gibt: Zwar ist sein Sound schön honorig, das Fahrwerk keine Sänfte, die Lenkung etwas straffer, aber insgesamt läuft bei entspannter Fahrweise alles so entspannt ab, dass einen der Focus ST auch im Alltag nie nerven wird. Auch mit 9,4 Litern Durchschnittsverbrauch, die der Test ergeben hat, wird man angesichts der Performance ganz gut leben können. Nur an die gelegentlichen Lenkeinflüsse beim forschen Beschleunigen oder bei stärkeren Spurrillen muss man sich ein bisschen gewöhnen.
In den kurvigen Gefilden zeigt das Auto dann sein enormes sportliches Potenzial, wenn ein motivierter Steuermann am Werk ist, also ein Pilot, der auch ordentlich Gas gibt. Die Fahreigenschaften zählen zum Besten, das die sportliche Kompaktklasse zu bieten hat: Der Focus ST bremst sich präzise ein, schaltet super runter (wobei beim Zwischengasgeben jetzt die Elektronik hilft) und lenkt dann mit professioneller Präzision in die Kurven. Drinnen in der Straßenkrümmung baut er enorm viel Grip auf, wie eine Zentrifuge kann er die Passagiere bei trockener Fahrbahn in ihre Recaro-Schalen drücken. Sollte diese größtmögliche Neutralität einmal in Untersteuern übergehen, braucht es nur den kleinen Lupfer am Gaspedal, um wieder auf Kurs zu kommen. Erstaunlich ist auch die Traktion, das elektronisch geregelte Sperrdifferenzial wirkt ähnlich wie ein mechanisches und der Focus ST kann so vehement aus der Kurve rausbeschleunigen, dass man die gesetzliche Höchstgeschwindigkeit erreicht, bevor die Gerade richtig begonnen hat. Das liegt natürlich auch an der grandiosen 280-PS-Power des auf 2,3 Liter Hubraum erweiterten Vierzylinder-Turbomotors, der verwandt mit dem früheren Focus-RS-Triebwerk ist und durch diverse Trick noch munterer gemacht wurde. Mit 420 Newtonmetern ist das Aggregat ein Drehmoment-Monster, und das spürt man immer und immer wieder. Dürften wir uns jetzt noch was wünschen, wären das noch höhere Drehzahlen und noch direktere Ansprache des Turbos, wiewohl der Motor in beiden Bereichen okay ist. Insgesamt aber eine sportliche Weltklasseleistung des Focus ST.
Bremst sich präzise ein, schaltet super runter (wobei beim Zwischengasgeben jetzt die Elektronik hilft), lenkt dann mit professioneller Präzision in die Kurven.Bremst sich präzise ein, schaltet super runter (wobei beim Zwischengasgeben jetzt die Elektronik hilft), lenkt dann mit professioneller Präzision in die Kurven.
Im Gegensaz zum Fiesta ST hat der Focus ST eine Mehrlenker-Hinterachse mit adaptiven Dämpfern. Er ist also auch ein Gran Turismo.Im Gegensaz zum Fiesta ST hat der Focus ST eine Mehrlenker-Hinterachse mit adaptiven Dämpfern. Er ist also auch ein Gran Turismo.
Mit 420 Newtonmetern ist das Aggregat ein Drehmoment-Monster, zum Glück ist auch die Traktion ganz erstaunlich.Mit 420 Newtonmetern ist das Aggregat ein Drehmoment-Monster, zum Glück ist auch die Traktion ganz erstaunlich.
Fiesta ST gegen Focus ST – wie groß ist der Unterschied?
Der Focus ST ist der würdige große Bruder. Durch sein Mehrgewicht natürlich nicht so superagil wie der Fiesta ST, aber doch sehr agil. Zugleich aber deutlich komfortabler – während der kleine Bruder mit einer sehr steifen Starrachse umgehen muss, hat der Focus ST eine Mehrlenker-Hinterachse mit adaptiven Dämpfern. Er ist also auch ein Gran Turismo (wenn wir hoffentlich bald wieder Reisen dürfen).
 
Wie schaut es preislich aus?
Der Testwagen kommt auf 42.500 Euro, geht mit Extras in Richtung 45.000 Euro. Die sportlichen Kompakten werden elitärer, das liegt an ihrem inzwischen sehr hochwertigen technischen Equipement, aber in Österreich auch an der steigenden NoVA-Besteuerung. Der Statt kassiert hier zusätzlich zu den 20 Prozent Mehrwertsteuer noch bis zu 15 Prozent Normverbrauchsabgabe. Wir können nur hoffen, dass es einem guten Zweck dient. Sicher ist, dass die Exklusivität auch ihre schönen Seiten hat und dass man für sein Geld hier viel geboten bekommt.
 
Wie lautet das Fazit?
Profisportler mit Allroundeigenschaften würde man im Amtsdeutsch sagen. Übersetzt in das echte Leben: Obwohl sich der Focus ST im Alltag angenehm unauffällig verhält, zieht er Sportler mit seiner erstklassigen Kurvenzentrifuge in den Bann.
Fazit von Motorprofis-Tester Fabian Steiner: „Klar, die sportlichen Kompakten werden durch die hochwertige Technik und die steigende Besteuerung preislich elitärer – man bekommt aber viel geboten: Obwohl sich der Focus ST im Alltag angenehm unauffällig verhält, zieht er Sportler mit seiner erstklassigen Kurvenzentrifuge in den Bann. Ein Profisportler mit AllroundeigenschaftenFazit von Motorprofis-Tester Fabian Steiner: „Klar, die sportlichen Kompakten werden durch die hochwertige Technik und die steigende Besteuerung preislich elitärer – man bekommt aber viel geboten: Obwohl sich der Focus ST im Alltag angenehm unauffällig verhält, zieht er Sportler mit seiner erstklassigen Kurvenzentrifuge in den Bann. Ein Profisportler mit Allroundeigenschaften".

DATEN & FAKTEN

Ford Focus ST 2,3 l EcoBoost

(Jänner 2021)

Preis

42.500 Euro inkl. ST-Topausstattung.

Antrieb

2,3-Liter-Vierzylinder-Turbo-Benzinmotor, 206 kW/280 PS bei 5.500 U/min, , 420 Newtonmeter bei 3.000 – 4.000 U/min. 6-Gang-Schaltgetriebe. Frontantrieb, elektronisches Sperrdifferenzial eLSD.

Abmessungen

Eigengeicht 1.508 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 2.000 kg.

Gewicht

Länge 4.388 mm / Breite 1.825 mm / Höhe 1.440 mm. Radstand 2.700 mm.

Fahrwerte

Höchstgeschwindigkeit 250 km/, Beschleunigung 0-100 km/h in 5,7 Sekunden, Normverbrauch nach WLTP-Zyklus 7,9 – 8,0 Liter, CO2-Emissionen nach WLTP-Zyklus 180 – 182 g/km.

Testverbrauch

9,4 Liter.

MOTORPROFIS WERTUNG

Fahrspass

9 Punkte

Vernunft

4 Punkte

Preis-Leistung

8 Punkte

Gesamturteil

8 Punkte
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