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Test: VW ID.3 Pro S

Test: VW ID.3 Pro S

Fundamentaler Feinschliff

Der ID.3 bekommt beim Facelift ein optisch-haptisches Upgrade, mit dem das VW-Gefühl zurückkehrt. Mit seinem exzellenten Antrieb kann der Elektro-Golf, der nicht so heißt, leise wie die Oberklasse cruisen, aber auch fetzig wie ein Sportler beschleunigen. So erfrischt er den Alltag und etabliert einen feinen Fahrstil. Wo der ID.3 Spitze ist und wo er Luft nach oben hat, wie sich die höheren Preise ein wenig und künftig auch ein wenig mehr abfedern lassen, erklärt der Test.
Um wen geht es?
Der ID.3 ist elementar für den gegenwärtigen Umbruch bei VW. Grundsätzlich ist der Wandel zur Elektromobilität in Europa ja ausgemachte Sache. Offen bleibt das Tempo der Transformation, aktuell liegt der Elektroauto-Anteil an den Gesamtverkäufen in Österreich bei rund 20 Prozent (Stand November 2023), nach 15 Prozent im Vorjahr. Bis 2030 sollen mindestens 70 Prozent des Volkswagen-Absatzes in Europa reine Elektroautos sein – und das dem ID.3 dabei eine führende Rolle zugedacht ist, zeigt schon das Hochfahren der Produktion: Neben Zwickau und Dresden baut nun auch das Stammwerk in Wolfsburg den elektrischen Kompakten. Seit über 70 Jahren dominiert VW die klassische Kompaktklasse, in der elektrischen Ära soll der ID.3 die Rolle von Golf und Käfer übernehmen. Ob er sich später auch wieder Golf nennt, ist dann nur noch eine nomenklatorische Entscheidung zwischen Tradition und Transformation. De facto ist der ID.3 ja der elektrische Golf. Im Ranking der meisterverkauften E-Autos Österreichs liegt er aktuell auf Platz sieben, rechnet man die Stückzahlen des Schwestermodells Cupra Born ein, liegt das Duo nur knapp auf Platz zwei hinter dem Tesla Model Y (Stand November 2023).
 
Wie wirkt sich das Facelift aus?
2020 war der ID.3 das erste Elektrofahrzeug auf Basis des Modularen E-Antriebsbaukastens (MEB) und der erste Vertreter der neuen ID-Familie (ID.3 / ID.4 / ID.5 / ID. Buzz). In Österreich bauen vier der fünf meistverkauften Elektroautos aktuell auf der MEB-Technik des Volkswagen-Konzerns auf. Der ID.3 wurde nun als Erster überarbeitet, die Bereiche Außendesign, Innenraum und Software haben beim 2023er-Facelift einen nicht unwesentlichen Feinschliff bekommen.
 
Hat sich das Design beim Facelift verändert?
Die durchaus futuristische Kompaktklasse-Keilform mit windschlüpfrigen Oberflächen und großen Räder wurde beim Facelift etwas klassischer: Die Front ist durch den neuen Stoßfänger glatter, der Gesichtsausdruck wieder typischer VW. Schlitze in den Stoßfängern verbessern den Luftstrom um die Vorderräder und geben einen sportlicheren Touch. Unter der Windschutzscheibe gibt es keine schwarze Leiste mehr, mit der durchgängig lackierten Fronthaube verändern sich die Proportionen. Hinten strahlen die Hecklichter nun durchgehend bis zu den Innenseiten, weiterhin leuchtet das weiße VW-Logo auf dem serienmäßig schwarzen Hintergrund markant heraus.
Hinten strahlen die Hecklichter nun durchgehend bis zu den Innenseiten, weiterhin leuchtet das weiße VW-Logo auf  schwarzen Hintergrund heraus.Hinten strahlen die Hecklichter nun durchgehend bis zu den Innenseiten, weiterhin leuchtet das weiße VW-Logo auf schwarzen Hintergrund heraus.
Hier könnte man auch einen klassischen Golf vermuten, während es …Hier könnte man auch einen klassischen Golf vermuten, während es …
… hier mehr nach futuristischer Kompaktklasse in Keilform aussieht.… hier mehr nach futuristischer Kompaktklasse in Keilform aussieht.
Die Front ist durch den neuen Stoßfänger glatter. Neue Schlitze in den Stoßfängern verbessern den LuftstromDie Front ist durch den neuen Stoßfänger glatter. Neue Schlitze in den Stoßfängern verbessern den Luftstrom
Was wird im Innenraum geboten?
Mit dem ID.3 hat für VW-Fahrer ab 2020 ein neues Innenleben begonnen. Das luftige Raumgefühl ist nicht nur ein Gefühl, die MEB-Plattform mit platzsparenden Elektro-Komponenten und Heckantrieb macht den Stromer tatsächlich deutlich geräumiger als den Golf. Die Passagiere haben vorne mehr und hinten viel mehr Platz als bisher. Die Ablagemöglichkeiten sind enorm gestiegen und erinnern ebenso wie die am Sitz montierten Armlehnen an Vans – Letztere nutz man immer wieder gerne und macht es sich gemütlich, weil der ID.3 ja serienmäßig ein Automatik-Auto ist. Das Ladevolumen bleibt mit 385 bis 1.267 Litern ähnlich wie im Golf, auch das geteilte Umklappen der Fondlehne und die Ski-Durchreiche sind in dieser Form bekannt. Praktisch ist auch der doppelte Laderaumboden, in dem sich die Ladekabel separat verstauen lassen.
Im ID.3-Cockpit gibt es praktisch keine Knöpfe mehr, die meisten Funktionen laufen über den Touchscreen in der Mitte und die mit dem Infodisplay vor dem Fahrer verbundene Lenkradfernbedienung. Das Head-up-Display, das Warnungen und Navigationsanweisungen in die Umgebung einbauen kann (Augmented Reality) ist eine weitere digitale Informationsebene. Daraus resultiert ein aufgeräumtes Innendesign, das wie ein Sprung in die Zukunft wirkt. Beim Facelift hat VW den Infotainment-Bereich aufgewertet, der 12-Zoll-Touchscreen in der Mitte ist nun bei allen Modellen serienmäßig und mit einer überarbeiteten Software ausgestattet – deren Reaktionszeiten und Bedienlogik allerdings in der Praxis immer noch Luft nach oben haben. Auch die darunter angeordnete Touch-Slider-Leiste zur Regelung von Temperatur und Musiklautstärke bleibt vorerst unbeleuchtet. Möglich sind künftig Updates „over the air“. Bereits integriert ist ein neuer e-Routenplaner, der Ladestopps automatisch einplant und das Reisen dadurch besser einschätzbar macht – vor allem abseits der Hauptverkehrsrouten bleiben freilich gewisse Unwägbarkeiten bei den angepeilten Ladesäulen bestehen, da kann VW nichts dafür. Grundsätzlich hat die Digitalisierung einige Bedienschritte verkompliziert, manches war mit Knöpfen intuitiver als mit Tippen am Screen. Andere Bereiche sind leichter geworden, zum Beispiel geht das Starten und Abstellen jetzt schneller. Bei der Automatik-Steuerung hinter dem Lenkrad irrt man sich zwar anfangs in der Richtung, aber wenn man dann geübt hat, ist das neue Prinzip auch eine große Verbesserung.
Bei den Materialien mussten sich ID.3-Fahrer zunächst umstellen und im Vergleich zum Golf härtere Kunststoffe akzeptieren, auch Optik und Haptik der Sitzbezüge waren anders. Beim 2023er-Facelift hat VW die Kritik an gewissen Materialien aufgegriffen und dem ID.3-Innenraum an zentralen Stellen ein Upgrade verpasst: Den unteren Teil der Instrumententafel bedeckt nun ein weicheres Material mit Leder-Optik und weißer Ziernaht. Die Innenverkleidungen der Türen sind teilweise gepolstert und in Alcantara-Optik gestaltet. Hochwertiger ist die Materialanmutung auch bei den Sitzbezügen. Echtes Leder bleibt tabu, die Innenausstattung des ID.3 ist durchgängig tierfrei. Die verwendeten Mikrofaser-Materialen bestehen zu 70 Prozent aus Rezyklat, das beim Recycling von Kunststoffabfällen gewonnen wird.
Auch wenn das Innenraum-Upgrade nicht alle Bereiche erreicht, in Summe bedeuten die Anpassungen einen erheblichen Feinschliff des VW-Gefühls ab – da waren Stammkunden zum Teil hochwertigeres Material gewöhnt, jetzt bekomme sie es.
Beim 2023er-Facelift hat VW dem ID.3-Innenraum an zentralen Stellen ein Upgrade verpasst.Beim 2023er-Facelift hat VW dem ID.3-Innenraum an zentralen Stellen ein Upgrade verpasst.
Unterer Teil der Instrumententafel: Weicheres Material mit Leder-Optik.Unterer Teil der Instrumententafel: Weicheres Material mit Leder-Optik.
Innenverkleidungen der Türen: Teilweise gepolstert und in Alcantara-Optik.Innenverkleidungen der Türen: Teilweise gepolstert und in Alcantara-Optik.
Hochwertiger ist die Materialanmutung auch bei den Sitzbezügen. Echtes Leder bleibt aber tabu, die Innenausstattung ist durchgängig tierfrei.Hochwertiger ist die Materialanmutung auch bei den Sitzbezügen. Echtes Leder bleibt aber tabu, die Innenausstattung ist durchgängig tierfrei.
Infotainment mit nun serienmäßigem 12-Zoll-Touchscreen in der Mitte.Infotainment mit nun serienmäßigem 12-Zoll-Touchscreen in der Mitte.
Automatik-Steuerung hinterm Lenkrad: Braucht Übung, ist eine Verbesserung.Automatik-Steuerung hinterm Lenkrad: Braucht Übung, ist eine Verbesserung.
Ladevolumen: Mit 385 bis 1.267 Litern ähnlich wie im Golf. Auch das geteilte Umklappen der Fondlehne und die Ski-Durchreiche sind bekannt.Ladevolumen: Mit 385 bis 1.267 Litern ähnlich wie im Golf. Auch das geteilte Umklappen der Fondlehne und die Ski-Durchreiche sind bekannt.
Wie fährt sich der ID.3 Pro S mit 204 PS?
Mit dem Elektro-Heckantrieb der MEB-Plattform pflegen die ID-Modelle generell einen guten Fahrstil. Auch der ID.3 ist in einer hohen Komfortklasse unterwegs und gleitet leise, die Passagiere kriegen kein Sirren der E-Maschine mit, was gerade in der Stadt wirklich angenehm ist. Diese Stille im Alltag kann die Kompaktklasse mit Verbrenner so nicht bieten. Gleiches gilt für das Beschleunigungsgefühl, der ID.3-Antrieb reagiert unmittelbar mit sportlichem Vorwärtsdrang, wenn man auf das Pedal steigt. Die getestete Variante mit 204 PS und 310 Newtonmetern schafft auf Landstraßen sehr unterhaltsame Fahrleistungen und legt auch bei Autobahntempo 130 noch ganz ordentlich zu. Die Innengeräusche auf der Reise sind niedrig.
Das Abrollverhalten ist gerade noch ausgewogen, durch die großen Räder und die eher straffe Abstimmung ist der ID.3 keine Sänfte. Die Agilität im Alltag und die Wendigkeit sind dagegen herausragend. Bei flotter Kurvenfahrt ist der ID.3 stets spaßig, für echten Landstraßen-Leistungssport müsste er aber leichter und verbindlicher im Handling sein.
Die Lithium-Ionen-Batterie mit 77 kWh netto kommt auf 543 Kilometer Reichweite nach dem WLTP-Zyklus – in der Praxis waren es rund 460 Kilometer und ein Testverbrauch von 19 kWh. Das Schnellladen auf der Autobahn mit Gleichstrom (DC) ist mit bis zu 170 kW möglich. Laden per Wechselstrom (AC) geht 3-phasig mit bis zu 11 kW, mit Moon hat VW auch eine eigene Firma für die Installation von Heim-Wallboxen.
Der ID.3 ist in einer hohen Komfortklasse unterwegs und gleitet leise. Der Antrieb reagiert aber auch unmittelbar und mit sportlichem Vorwärtsdrang.Der ID.3 ist in einer hohen Komfortklasse unterwegs und gleitet leise. Der Antrieb reagiert aber auch unmittelbar und mit sportlichem Vorwärtsdrang.
Wie schaut es preislich aus?
Die Tarife haben sich gegenüber dem Vor-Facelift-Modell nicht stark verändert. Mit 7.000 Euro ziemlich groß ist indes der Preisabstand zwischen dem ID.3 Pro mit 58-kWh-Batterie und dem iD.3 Pro S mit 77-kWh-Akku, der mit 48.390 Euro in der Liste steht – das liegt aber auch an der beim Pro S inkludierten Mehrausstattung. Dann ist er ID.3 natürlich bestens bestückt, trotzdem lassen sich noch ein paar Tausender zusätzlich ausgeben, wenn man das will. Auch die im Testwagen integrierte Wärmepumpe zur Reichweitenoptimierung muss weiter extra bezahlet werden.
ID.3-Varianten mit kleinerer Batterie und weniger Leistung – und somit kleinerem Einstiegspreis – wurden schon einmal angeboten und sind künftig auch wieder möglich. Zumindest nach Abzug der Elektroauto-Prämien sollten dann Preise günstiger Golf-Modelle irgendwann auch wieder in Reichweite sein. Für alle, die weniger auf den Preis schauen, soll auch eine sportive Allradversion ID.3 GTX kommen, sie könnte in Richtung 300 PS gehen. Offiziell bestätigt ist das aber noch nicht.
 
Das Fazit?
Der ID.3 steht für stark erhöhte Spannung, weil er mit seinem exzellenten Elektroantrieb leise wie die Oberklasse cruisen, aber auch fetzig wie ein Sportler beschleunigen kann. So erfrischt der ID.3 den Alltag und etabliert ein feines Fahrgefühl, das es vor den E-Autos in der Kompaktklasse nicht gegeben hat. Dafür müssen höhere Preise bezahlt werden, die über stattliche Bonuszahlungen (für Privatkäufer), erhebliche Steuervorteile (für Firmenkunden) und niedrigere Betriebskosten (für alle, die vor allem Nachtstrom nutzen) etwas abgefedert werden können. Wem das zu wenig ist, der muss auf künftige Varianten mit weniger PS und Batteriekapazität warten. Im Vergleich zum Golf ist das Platzangebot besser und die Handhabung mit dem schnellem Abstellen und der nach einer gewissen Übungszeit praktischen Automatik einfacher. Bei Einrichtung und Bedienkonzept ist VW zunächst nicht alles gelungen. Das 2023er-Facelift ändert nicht alles, hat aber mit neuen Materialien einen wichtigen Feinschliff für jenes VW-Gefühl geschafft, das Stammkunden erwarten.

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Mehr über VW lesen Sie hier:

Test VW ID.5 Pro Performance – Strom und Strömung: Elektrisches Familien-SUV mit windschnittigem Design.

Test VW ID. Buzz – Die Rückkehr der Raumfahrer: Comeback mit Rückgriff auf eines der sympathischsten Designs aller Zeiten.

Test Golf Rabbit 1,0 TSI – Für alle und alles: Der vergleichsweise günstige Golf ist ein erstaunlich komplettes Auto.
Fazit von Motorprofis-Tester Fabian Steiner: „Der ID.3 steht für stark erhöhte Spannung, weil er mit seinem exzellenten Elektroantrieb leise wie die Oberklasse cruisen, aber auch fetzig wie ein Sportler beschleunigen kann. So erfrischt der ID.3 den Alltag und etabliert ein feines Fahrgefühl.Das 2023er-Facelift ändert nicht alles, hat aber mit neuen Materialien einen wichtigen Feinschliff für jenes VW-Gefühl geschafft, das Stammkunden erwarten.Fazit von Motorprofis-Tester Fabian Steiner: „Der ID.3 steht für stark erhöhte Spannung, weil er mit seinem exzellenten Elektroantrieb leise wie die Oberklasse cruisen, aber auch fetzig wie ein Sportler beschleunigen kann. So erfrischt der ID.3 den Alltag und etabliert ein feines Fahrgefühl.Das 2023er-Facelift ändert nicht alles, hat aber mit neuen Materialien einen wichtigen Feinschliff für jenes VW-Gefühl geschafft, das Stammkunden erwarten."

DATEN & FAKTEN

VW ID.3 Pro S

(Dezember 2023)

Preis

48.390 Euro (Einstiegspreis dz. 41.390 Euro für den ID.3 Pro mit 58- statt 77-kWh-Batterie).

Antrieb

AC-Synchronmotor mit 204 PS, 310 Newtonmeter Drehmoment, Hinterradantrieb, 1-Gang-Getriebe mit Direktübersetzung. Batterie: 77 kWh . Laden: Wechselstrom 3-phasig mit bis zu 11 kW, Gleichstrom bis zu 170 kW.

Abmessungen

Länge: 4.261 mm. Breite 1.809 mm. Höhe 1.568 mm. Radstad 2.7780 mm. Laderaumvolumen 385 – 1.267 Liter.

Gewicht

1.805 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 2.260 kg.

Fahrwerte

Beschleunigung 0-100 km/h: 7,3 Sekunden. Höchstgeschwindigkeit 160 km/h. Normverbrauch (WLTP) 15,9 – 16,6 kW/100 km. Reichweite (WLTP): 543 km.

Testverbrauch

19 kWh = ca. 460 km Reichweite.

MOTORPROFIS WERTUNG

Fahrspass

8 Punkte

Vernunft

7 Punkte

Preis-Leistung

6 Punkte

Gesamturteil

7 Punkte
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